Fledermaus Band 654: Die blutige Queen
Moderator: Michael
-
Talis Offline
- Beiträge: 4525
- https://pl.pinterest.com/kuchnie_na_wymiar_warszawa/
- Registriert: Sa Jul 30, 2016 8:23 pm
Fledermaus Band 654: Die blutige Queen
"Es ist Zeit, Carol. Bring mich bitte zur Tür der Herrentoilette", sagte er, und Carol stand auf. Sie faßte ihn leicht am Ellenbogen und führte ihn an der Tanzfläche vorbei, in den Flur, auf dessen schwarzer Tapete roter Klatschmohn prangte. Sie öffnete die schwarzgestrichene Tür für ihn, und Quin trat allein in den Vorraum. Als er die Tür hinter sich geschlossen hatte und sich umdrehte, geriet er in einen Konflikt, wie er selten einen erlebt hatte. Anthony Quinn, der Kriminalist, der als Schwarze Fledermaus verkleidet, Verbrecher jagte, wurde Zeuge eines Mordes. Aber um sein Geheimnis zu wahren, durfte er weder um Hilfe rufen noch den Mörder stellen. An einem antiken Tisch mit geschwungenen Beinen saß auf einem Sessel, der ebenfalls Chippendale-Imitation war, ein grauhaariger alter Mann. Mit einer Stiel-Lupe betrachtete er etwas, das Quinn vom Vorraum her nicht richtig erkennen konnte. Eine Glasvitrine mit Toilettengegenständen zog sich quer durch den Raum und teilte ihn in zwei ungleiche Teile. Ein hochgewachsener Mann, den Quinn nur von hinten sah, stand über den Sitzenden gebeugt. Er schien ihm über die Schulter zu blicken,
"Haben Sie die Tür zum Flur abgeschlossen, wie Sie angewiesen wurden?"
"Ja, natürlich", sagte der Grauhaarige.
Quinns Gehör hatte sich in den langen Jahren der Blindheit außergewöhnlich entwickelt. Obgleich die beiden nur raunten, konnte er sie gut verstehen. Und er glaubte auch, die Stimme des Anrufers zu erkennen.
"Ist jemand in den Kabinen?" fragte der Große.
"Nein, Ich schloß erst ab, als keiner mehr hier drin war." Zweifellos war dies der Anrufer. Quinn spürte plötzlich, daß die Gefahr, die der kleine Alte fürchtete, in unmittelbarer Nähe lauerte. Und dann sah er die Klinge aufblitzen. Im Bruchteil von Sekunden bohrte sie der Große in den Rücken des alten Mannes. Anthony Quinn hätte es nicht verhindern können. Auch wenn er sein Geheimnis preisgegeben hätte, um ein Menschenleben zu retten, wäre er zu spät gekommen. Denn nur ein schmaler Gang führte zwischen Glasvitrine und der weißgekachelten Wand hindurch. Er hätte nach rechts an der Vitrine entlangläufen, durch den Gang rennen und dann auf der anderen Seite der Vitrine wieder nach links zu dem Tisch eilen müssen.
Die blutige Queen
- Viele sterben aus Liebe zu ihr -
von George P. Gray (= Gudrun und Karl Voigt)