Phantastische Bibliothek Bd. 310: Der Mann, der zu weit ging, von E. F. Benson
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Phantastische Bibliothek Bd. 310: Der Mann, der zu weit ging, von E. F. Benson

Der Mann, der zu weit ging
Gespenstergeschichten
Von Edward Frederic Benson
Aus dem Englischen von Michael Koseler
Titelillustration von Bill Carter
258 Seiten
Suhrkamp Taschenbuch Bd. 2305 = Phantastische Bibliothek Bd. 310
Erschienen 1994
Inhalt:
• Raupen
• Der Affe
• Mr. Tillys Seance
• Piraten
• Die Geschichte vom leeren Haus
• Mrs. Amworth
• Das Ungeheuerhorn
• Wie die lange Galerie ihren Schrecken verlor
• Negotium perambulans
• Das andere Bett
• Der Mann, der zu weit ging
• Das Heiligtum
• Das Wesen in der Halle
• Naboths Weinberg
• Sühne
• Drucknachweise
Dieser Band wurde vom Experten für die unheimliche Phantastik Kalju Kirde zusammengestellt, wenngleich der Verlag es schlichtweg übersehen hat, diese Herausgeberschaft auch im Buch selbst würdigend zu erwähnen. Leider hat Kirde, dem der deutsche Leser unter anderem die "Bibliothek des Hauses Usher", zahllose andere Zusammenstellungen und generell die Bekanntschaft mit Algernon Blackwood, Jean Ray, William Hope Hodgson und anderen Schriftstellern des Phantastischen zu verdanken hat, nicht unbedingt die geschickteste Auswahl getroffen. Auch deshalb, weil von den 15 Erzählungen bereits 5 zuvor in Deutschland erschienen sind. Natürlich ist sein Bemühen, Vielseitigkeit bei den Erzählungen zu bieten, lobenswert, allerdings kann der Leser auf der Suche nach einer gepflegten Gänsehaut englischen Ursprungs mit humorvollen Erzählungen ("Mr. Tillys Séance" oder teilweise "Wie die Lange Galerie ihren Schrecken verlor") vielleicht nur bedingt etwas anfangen. Auch Erlebnisse mit haarigen weiblichen Missing Links, die lebenden Gemsen die Beine ausreissen ("Das Schreckenshorn"), erwartet man nicht primär in einem Band mit dem Untertitel "Gespenstergeschichten", die zudem von einem Meister seines Faches stammen. Andererseits liest sich die schöne Boshaftigkeit, die in hohem Maße Bensons Romane um Emmeline Lucas und Elizabeth Mapp-Flint ('Lucia & Mapp`) auszeichnet, recht charmant bei Mr. Tilly, "Der Affe" und anderen Geschichten. Der Großteil der Erzählungen in diesem Band erfüllt aber uneingeschränkt die Erwartungen des Lesers, und wenngleich man sich von den rund 70 phantastischen Geschichten Bensons einige andere gewünscht hätte, ist man doch dankbar dafür, dass es in Deutschland überhaupt einen Band gibt von diesem feinen Erzähler englischer Spukgeschichten; der von Michael Görden versprochene Band in der Phantastischen Literatur bei Bastei wurde leider nie realisiert.
Benson hatte eine Vorliebe für spukhafte Häuser ("Sühne", "Die Geschichte vom leeren Haus" und "Das andere Bett"), eine andere für kriechende raupen- und schneckenähnliche Wesen, wie sie in gleich drei Erzählungen Furcht und Tod bringen ("Negotium perambulans", "Das Wesen in der Halle" und "Raupen"; leider fehlt die in Deutschland kaum bekannte Geschichte "Und es singt kein Vogel"). Eine schöne Pan-Geschichte gibt es ebenso ("Der Mann, der zu weit ging") wie auch die anrührende Geschichte um Peter Graham, der unmerklich und freudig vom Leben in den Tod hinüberwechselt ("Piraten"). Und mit "Mrs. Amworth" wird zudem eine respektable Vampirgeschichte geboten. Bensons unheimliches Meisterwerk "Die Turmstube" fehlt in dieser Sammlung, ist jedoch in zahlreichen Anthologien zu finden.
Wie gesagt: ein breites Spektrum unheimlicher Geschichten. Bedauerlich allerdings, dass es in Deutschland nur für diesen einen Band mit Gespenstergeschichten von Edward Frederic Benson gereicht hat - obwohl es ausreichend Material für weitere Sammlungen geben würde.
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