Das Fest auf dem Teufelshügel
von Neal Davenport
Der Roman beginnt mit einigen interessanten Entwicklungen. Coco trennt sich von Dorian, was längst überfällig ist. Meines Erachtens hat er ihre Liebe nie wirklich erwidert, Coco hat sich seit ihrem ersten Treffen in Wien etwas eingeredet und übertrieben von ihm geschwärmt. Monate später wird sich nicht viel daran geändert haben. Zudem hat Dorian noch seine Frau, von der er sich erst emotional lösen müsste.
Groschenheft hin oder her, der Weg von seiner Frau weg und hin zu Coco wurde mir noch nicht glaubhaft beschrieben. Dementsprechend finde ich die kitschige Trennung furchtbar, in der Dorian der Hexe ernsthaft seine Liebe gesteht. Dass er Coco als Freundin bei sich behalten will ist möglich. Dass er sie als Hilfe gegen die Dämonen nicht ziehen lassen will, davon gehe ich sogar aus. Aber Liebe? Nie und nimmer! Der Grundgedanke gefällt mir trotzdem. Schade, dass das nach diesem Heft schon wieder vorbei sein könnte. Warum kein reines Coco-Soloabenteuer?
So beginnt es nämlich. Coco folgt einer riskanten Einladung Olivaros zu einem Treffen der Dämonen, um die Nachfolge von Asmodi zu klären. Vielleicht will sie sich auch ein wenig rehabilitieren. Ärger hatte ihre Familie nur mit Asmodi, Olivaro scheint ein gemäßigterer Dämon zu sein.
Es ist schön, dass einige Figuren dabei sind, die ich aus den CZ-Romanen kenne. Etwas seltsam hingegen, dass nur europäische Dämonen anwesend sind. Das ist bei CZ in solchen Situationen ähnlich. Asmodi war doch der Herrscher über alle Clans weltweit. Kann sich kein Asiate oder Afrikaner um seinen Posten bewerben? Es sind einige starke Dämonen wie Red Jong dabei, aber auch viele Wald-und-Wiesen-Monster, die eh keine Chance im Machtkampf hätten. Also will Olivaro sich nur Unterstützung im internationalen Wettstreit um die Krone sichern?
Zu richtig langen Verhandlungen kommt es gar nicht erst. Neal Davenport spendiert uns hier einen waschechten Edgar Wallace Rätselrimi in stilechter Kulisse. Ein einsames Schloss im Moor bei Unwetter. Da geschieht der erste Mord. Wer von den Gästen oder den Bediensteten steckt dahinter? Wer von den Anwesenden wird es wagen, gegen die abtrünnige Coco aktiv zu werden? Und dann haben auch noch zwei Polizisten mit Gefangenem eine Panne im Sumpf und übernachten im Schloss.
Es ist recht schnell klar, wer am ehesten hinter all dem steckt, denn Hinweise gibt es genug. Egal ob man nun Wallace-Kenner ist oder nicht. In den alten Filmen ist es gern mal derjenige, von dem man es am wenigsten vermutet. Der trottelige Gehilfe wäre sicher nicht dazu in der Lage, den nimmt niemand als Killer ernst.
Für Creeper als Möder oder zumindest Handlanger spricht aber so ziemlich alles. Das Motiv, er war ein loyaler Diener von Asmodi. Kein Alibi, die Dämonen waren während des ersten Mordes alle im Speisesaal, Creeper hingegen nicht. Das nötige Wissen, Creeper kennt die Dämonenfallen und hat hier unter Asmodi jahrelang gearbeitet.
Warum denkt Olivaro also nicht eher an ihn und befragt ihn mal ordentlich auf Dämonenart? Wieso hat er überhaupt einen Diener seines Feindes weiter eingestellt, als er das Schloss von Asmodi übernahm? Warum hat er das Schloss nicht besser gescannt und untersucht, dann wären ihm die Geheimgänge eventuell aufgefallen. Und auf die Überwachungskameras überall muss ihn erst jemand aufmerksam machen. Hoffentlich leidet DH nicht an der CZ-Krankheit, wo alle Gegner ziemlich unfähig sind. Bisher war Olivaro ein Verbündeter und durfte schlau agieren, um den Helden zu helfen. Jetzt wo er auf der anderen Seite steht muss er dumm sein, um die Helden nicht zu übertrumpfen?
Kein Wunder, dass Olivaro hier eine herbe Niederlage einstecken muss. Creeper schaltet gut die Hälfte der Gäste nacheinander aus und haut dann noch mit Coco ab, weil einige Dämonen sie entgegen der Anweisung des Hausherren töten wollen. Zum Schluss stößt Dorian hinzu und erledigt die verbliebenen Dämonen. Hätte Coco das nicht als starke Frau allein lösen können? Sie hat nicht mehr ihre Magie, aber durch Köpfchen und Geschick. Der Dämonenkiller tritt als strahlender Held auf, der seine Jungfrau in Nöten rettet.
Neal Davenport hat hier einen stimmigen Roman geschrieben, aber sich auch stark bei Edgar Wallace bedient. Man muss das mögen. Ich denke mal, in den 70ern waren die Verfilmungen richtig angesagt und dementsprechend war es eine schlaue Idee, darauf zurückzugreifen. Für mich liest sich die Handlung ziemlich altmodisch, natürlich. Und auf Creeper als Killer habe ich von Anfang an getippt. Mit all dem kann ich leben, weil es subjektiv ist und den Roman nicht schlecht macht. Aber Olivaro hätte ich für sehr viel schlauer gehalten. Nicht nur hätte er nach dem Ausschlussprinzip des Sherlock Holmes eher auf Creeper als Hauptverdächtigen kommen müssen. Es wundert mich sehr, dass er die Überwachungskameras komplett übersieht.

:baff: :baff: :baff: :baff: (6 von 10 Schnauzern)
PS. Sullivan ist als I.O. der Observator Inquisitor und nicht der Oberste Inquisitor. Muss ich mir merken, finde die Bezeichnung aber schon gewöhnungsbedürftig.