VHR Band 182: Ich, der Mikro-Mann von Thomas B. Davies

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VHR Band 182: Ich, der Mikro-Mann von Thomas B. Davies

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Habibi Offline
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VHR Band 182: Ich, der Mikro-Mann von Thomas B. Davies

Beitrag von Habibi »

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Langsam kehrt das Bewusstsein zurück. Ich habe immer noch den peinigenden, metallischen Geruch des heißen Bleis in der Nase. Schwer lastete das Gewicht der Hohlform auf mir, die mich umschließt. Sie drückt auf die Brust, scheuert die Haut über den Beckenknochen. Ich kann nicht durchatmen, keinen Finger bewegen. Selbst auf die Augenlider presst sich die harte, graue Masse, und ich spüre sie auf der nassen Stirn. Wenn ich den Mund öffnen könnte, würde ich das Metall auf der Zungenspitze schmecken. Aber es wird besser werden, ich weiß es. Allmählich weicht der Druck, das Atmen wird leichter. Die Füße, die ich zur Probe etwas bewege, finden keinen Widerstand mehr, steckten nicht länger in den engen bleiernen Stiefeln. Prüfend atme ich durch die Nase ein uns habe die Empfindung von Bohnerwachs und heißem Essen in Metallkübeln, dazu ein wenig Desinfektionsmittel. Wie ein Schleier zerreißt der bedrückende Alptraum, ich weiß wieder, wo ich bin, fühle ich mich erwachen. Ich tauche auf aus dem Schlaf. Als ich die Augen öffne, finde ich mich in meinem Klinikbett, zwischen den weißen Kissen und hinter dem halbhohen Gitter. Die Schwester steckt es jedes Mal in den Bettrahmen, wenn ich eingeschlafen bin. Angeblich, damit ich nicht hinausfalle, wenn ich mich im Traum bewege. Als ob ich mich im Traum bewegen könnte! Sobald ich in den Schlaf sinke, erlebe ich aufs neue, wie sich die bleierne Form über mich senkt, mich völlig umschließt und das Leben aus mir herauspressen will. Es ist stets derselbe schlimme Traum. Ich kann mir noch so oft klarmachen, daß er nur die Antwort meines Unterbewusstseins auf die Einschließung in diesem...Sanatorium ist.


Verfasst von Thomas B. Davies (= Helmut Kobusch)

Titelbild von Carolus Adrianus Maria Thole

Erschienen am 03.08.1976

Tom Jenner, Band 2

Olivaro Offline
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Beitrag von Olivaro »

Diesen Roman hatte ich deshalb lange Zeit nicht gelesen, weil der Titel und das entsprechende Titelbild immer eine Romanversion von der erstaunlichen Geschichte des Mr. C impliziert haben. Aber überhaupt keine Spur davon, es ist eine typische eigenwillige Davies-Geschichte; und auch recht ungewöhnlich: In welchem anderen Gruselroman unterhält sich der Protagonist schon mal mit einer Feldmaus? Das erinnert schon wieder stark an die zügellose Phantasie eines Cater Saint Clair aus dem Silber-Grusel-Krimi ...

Es waren eben Autoren wie Helmut Kobusch, die aus dem Vampir Horror-Roman diese fabelhafte Reihe machten.
Nur der Mond schwamm immer noch leuchtend und wunderbar in den unermesslichen Weiten des funkelnden ukrainischen Himmels; ebenso majestätisch atmete die ungeheure Höhe, und die Nacht, die göttliche Nacht verglühte; ebenso schön lag die Erde im verzauberten Silberlicht.

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