Band 66: Die schwarze Messe in Yukatan

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Band 66: Die schwarze Messe in Yukatan

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Gast Offline
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Band 66: Die schwarze Messe in Yukatan

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Kaum versank die Sonne blutrot jenseits der Hügel, da erwachte die Tempelstadt zum Leben. Aus den
Tiefen der Ruinen erhob sich ein Schrei wie das Klagelied einer verlorenen Seele. Ohne sich zu heben
oder zu senken, ohne lauter zu werden, ja, ohne Atem zu schöpfen, erklang diese Sphärenstimme. Ihr
Schall brach sich an den Pyramiden der Mayas, an der grünen Wand des mexikanischen Urwaldes und
forderte das tausendstimmige Hohngelächter der Papageien heraus, die in den Kronen der Baumriesen
zur Nachtruhe übergegangen waren, Farbkleckse bildend inmitten des eintönigen Grüns.
Belinda Simpson schreckte auf.
In Gedanken versunken hatte sie das Versinken des Sonnenballes betrachtet und sich gewundert, wie
lange sie in einer amerikanischen Großstadt gelebt hatte, ohne ein solches Naturschauspiel genießen zu
können. Hochhäuser und Autos, Klimaanlagen und Verkehrsschilder erschienen ihr vertrauter als der
Anblick der untergehenden Sonne. Jetzt stellte sie fest, daß sie allein war, verloren zwischen
geborstenen Säulen im Würgegriff der Lianen, auf einer endlosen Treppe, die genau in den Himmel zu
führen schien und deren Stufenvon der Kraft schmarotzender Pflanzen gesprengt wurden.
Längst hatte sich der Dschungel verlorenen Boden zurückerobert, feierte in einer Farborgie den Sieg
über eine versunkene menschliche Kultur. Wie Feuerzungen leckten gefleckte und getüpfelte Blüten
aus den Kelchen unbekannter Pflanzen.


Autor: Gerald Morphy

Titelbild: Hans-Joachim Lührs

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