Fledermaus Band 673: Der Killer mit dem Glasauge

[Talis]

Rasch löste sich der Mann aus seiner Deckung, ging mit ein paar schnellen Schritten ans Ufer und setzte ein Spielzeugschiff aufs Wasser - einen Miniatur-Passagierdampfer mit der Aufschrift "Mary" zu beiden Seiten des Bugs. Der Mann richtete sich auf, machte kehrt - in diesem Augenblick drehte sich Big Mallon zufällig und und sah ihn ins Dickicht tauchen. Eine Sekunde später nahm die "Mary" lautlos Fahrt auf - elektronisch gesteuert von dem Mann im Unterholz. So ein Spinner! dachte der alte Bootsverleiher. Warum versteckt er sich? Ob er menschenscheu ist? Mit hoher Bugwelle pflügte die kleine "Mary" durch das dunkelgrüne Wasser.
Als erste wurden die beiden Mädchen in dem Ruderboot darauf aufmerksam. "Oh, sieh nur mal, wie reizend, Nelly!" sagte die eine zur anderen. Der junge Mann im anderen Ruderboot warf nur einen flüchtigen Blick auf das kleine Ding. Dann begann er mit aller Kraft zu rudern. Er wollte mal sehen, wie lange er von der Mitte des Sees aus bis zum Ufer brauchte.
Im Knattern des Motors ihres Autoboots hatte Lory Crowe den begeisterten Ausruf des einen Mädchens nicht gehört. Sie legte das Boot auch gerade wieder einmal in eine elegante Kurve, schaltete wieder einmal den Motor ab und ließ es treiben.
Die kleine "Mary", die sich dem Autoboot inzwischen auf etwa zwanzig Meter genähert hatte, machte das Manöver mit, als befinde sie sich im Schlepptau des Autobootes. Lory Crowe konnte das Spielzeugschiff deshalb nicht wahrnehmen. Sie hatte es im Rücken. Das Autoboot verlor mehr und mehr an Fahrt. Träumerisch bickte Lory Crowe zum blauen Himmel empor und dachte an Franz Hintermeyer und die kommende Nacht mit ihm. Die kleine "Mary" kam dem Autoboot rasch näher. Ein leises Schnurren drang plötzlich ins Bewußtsein Lory Crowes. Es kam von hinten. Sie wollte sich umdrehen, um die Ursache zu ergründen. In diesem Moment stieß die kleine "Mary" mit ihrem Bug dicht neben der Schraube gegen das Heck des Autobootes. Die Sprengladung explodierte - elektronisch ferngezündet. Das Heck des Autobootes wurde zerfetzt, das Benzin im Brennstofftank fing Feuer. Eine Stichflamme zuckte empor, Splitter fuhren wie Geschosse durch die Luft. Lory spürte einen heftigen Schlag im Nacken. Die Druckwelle der Explosion warf sie schräg nach vorn aus dem Bootswrack hinaus. Sie sackte sofort weg, denn sie war zu diesem Zeitpunkt schon tot.

Der Killer mit dem Glasauge
- Ein Mord nach Maß -

von George P. Gray (= Gudrun und Karl Voigt)