Band 456: Zahlbar in Blei

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Talis Offline
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Band 456: Zahlbar in Blei

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Er bog nach rechts ab — in den Columbus Drive, der nach East Chicago hinüber-führte. Bei dem Gedanken an die Hafenanlagen beseelte ihn neue Hoffnung. Dort — im Gewirr der Lagerschuppen, der Güterstapel auf den Kaianlagen, der Ladekräne, Silos und Tanks — würde es ihm vielleicht doch noch gelingen, seinen Verfolgern zu entkommen. Indem er seinen Wagen verließ, natürlich, und sich in irgendeinem Winkel verkroch.
James Whitney gab Vollgas. Seine Verfolger hielten mühelos mit auf ihren schweren 500er Indians. Die Dämmerung war inzwischen hereingebrochen, und er hatte die Scheinwerfer angeschaltet, aber sie fuhren weiterhin ohne Licht. Er sah ihre sonderbar ausdruckslosen Gesichter — und ihm grauste. Das waren mitleidlose Roboter!
Sie wollen mich töten! dachte er erschauernd. Aber warum nur, warum?
Der Columbus Drive endete, und Whitney riß seinen Chrysler nach links in die Cline Avenue hinein.
Warum? fragte er sich erneut.
Und plötzlich glaubte er, es zu wissen.
Das Brillantkollier!
Er seufzte tief, und dann dachte er: Okay, ich werde die Haie füttern. Vielleicht lassen sie dann von mir ab.
Die Lichter des Hafens waren bereits ganz nahe, die Anlagen an der westlichen Peripherie schon erreicht, da verringerte James Whitney das Tempo. Er hielt das Lenkrad nur noch mit der linken Hand fest, mit der rechten öffnete er das Handschuhfach, nahm das Päckchen mit dem Kollier heraus und hielt es empor. Dabei vergewisserte er sich, daß die links und rechts von ihm auf ihren donnernden Indians hockenden Gangster dies auch bemerkten.
Von ihren Gesichtern ist es nicht abzulesen, aber sie müssen es einfach bemerkt haben! dachte Whitney.
Er drosselte das Tempo noch mehr, hielt endlich, kurbelte das Fenster neben dem Fahrersitz herunter, warf das Päckchen auf die Straße hinaus und schrie in ohnmächtiger Wut: „Da habt ihr's, ihr verdammten Hyänen! Nehmt es und verschwindet endlich!"
Auch die sechs Gestalten in den schwarzen Lederkombinationen hatten angehalten. Ihre stumpfen Gesichter wirkten wie graue Dreiviertelkreise unter den weißen Sturzhelmen. Er sah ihre Augen auf sich gerichtet und schrie vor Angst und Grauen.
Er wuchtete den Fuß aufs Gaspedal — mit dem einzigen Ergebnis, daß der Motor laut aufheulte, denn James Whitney hatte keinen Gang eingelegt.
Bevor er sich dessen bewußt wurde und es nachholen konnte, war es zu spät.
Von allen Seiten sah er Feuer auf sich zurasen. Er schrie. Sein Schrei ging unter im Hall der Schüsse und dem Bersten der Fensterscheiben des Chryslers. In Stirn und Schläfe getroffen, brach James Whitney tot über dem Lenkrad zusammen.
Ein paar Minuten später klatschte die blaue Limousine mit ihrem ermordeten Eigentümer am Ende von Pier 37 ins hoch aufspritzende Wasser des Michigan-Sees.


Zahlbar in Blei
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von G. W. Jones (=???)

Talis Offline
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RE: Band 456: Zahlbar in Blei

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Der Zeichner Theo Thomas hat für diesen Fledermaus-Roman auf den Seiten 13, 25, 36 und 47 vier Innenillustrationen gezeichnet. Dies ist eine davon.

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