Band 448: Mitleid ist kein Mord-Motiv
Moderator: Michael
-
Talis Offline
- Beiträge: 4525
- https://pl.pinterest.com/kuchnie_na_wymiar_warszawa/
- Registriert: Sa Jul 30, 2016 8:23 pm
Band 448: Mitleid ist kein Mord-Motiv

„Wo ist die Mordwaffe?"
„Hier", sagte der Blonde lakonisch, griff in die Tasche, zog das Schießeisen heraus und legte es auf die Schranke, die den Wachraum in zwei Teile teilte.
Ben Wilder stand auf, zog sein gewürfeltes Taschentuch aus der Hosentasche, faßte die Pistole am Griff und roch an der Mündung. Dann nickte er und trug die Waffe zu seinem Schreibtisch hinüber. Er setzte sich wieder und begann Redstone zu verhören.
„Wer war der Mann, den Sie erschossen und in den Chicago River geworfen haben?"
„Das weiß ich nicht", antwortete der Blonde.
Sergeant Wilder und Tom Higgins trauten ihren Ohren nicht. Beide starrten sie erst Redstone an, dann trafen sich ihre Blicke, und sie nickten. Erst Ben Wilder, dann Tom Higgins. Auch der junge Cop war jetzt der Ansicht, daß es im Oberstübchen des blonden Mannes nicht mehr ganz stimmen konnte.
„Ihr Opfer war Ihnen also gar nicht bekannt", wandte sich der Sergeant an Redstone. „Weshalb haben Sie den unbekannten Mann dann eigentlich getötet?"
„Weil ich Angst hatte."
„Aber hören Sie mal!" brummte der Sergeant. „Das ist doch Unsinn! Der Mann hat Sie doch, wenn ich die Dinge richtig sehe, nicht im geringsten bedroht."
„Das stimmt schon, Sir. Ich hatte ja auch nicht Angst vor ihm."
„Sondern? — Vor wem denn?"
„Vor meiner Pistole", antwortete Redstone dumpf. Jetzt ist's erwiesen, er ist geistesgestört, dachte Sergeant Wilder. Aber da fuhr der Blonde schon fort: „Ich wollte Selbstmord verüben, hatte aber nicht den Mut dazu. Dreimal hab ich's versucht —aber nicht einmal brachte ich's fertig, den Finger krumm zu machen, als die Mündung der Pistole an meiner Schläfe lag. Beim letztenmal kam mir dann die erlösende Idee." Ein verzücktes Lächeln spielte um seine schmalen Lippen.
Wieder wechselten Wilder und Higgins einen vielsagenden Blick. Sekunden vergingen, dann fragte der Sergeant sanft: „Was war das denn für eine Idee, Mr. Redstone?"
Der Blonde schien a:us weiten Fernen zurückzukehren. „Idee? — Ah, meine Idee der Erlösung. Sie war einfach wie alles Geniale, Sergeant. Ich selbst — das hatte ich erkannt — war nicht fähig, Hand an mich zu legen. Also, sagte ich mir, werde ich einen ändern umbringen und mich dann den Behörden stellen. Die Konsequenz meiner Tat wird unabdingbar sein: der Tod auf dem Elektrischen Stuhl. Der Staat wird an mir tun, was ich selbst nicht fertigbringe."
Der Sergeant schüttelte den Kopf.
Verrückt! dachte er. Total verrückt!
Mitleid ist kein Mord-Motiv
- Unselige Erbschaft -
von G. W. Jones (=???)
RE: Band 448: Mitleid ist kein Mord-Motiv

Der Zeichner Theo Thomas hat für diesen Fledermaus-Roman auf den Seiten 09, 27, 35, 54 und 55 fünf Innenillustrationen gezeichnet. Dies ist eine davon.