50 Jahre Larry Brent
Als am 25. August 1968 in der Zauberkreis-Silber-Krimi-Roman-Reihe die Nummer 747 mit dem Titel „Das Grauen schleicht durch Bonnards Haus“ von einem gewissen Dan Shocker mit dem Hinweis „Grusel-Krimi Nr. 1 – ein Roman für starke Nerven“ erschien, war es ein Versuch, eine neue Sub-Serie im Silber-Krimi-Reihe einzuführen. Das dieser Roman die Geburtsstunde des Grusel-Heftroman in Deutschland war, konnte der Autor Jürgen Grasmück alias Dan Shocker nicht ahnen.
Folgende Anfangssequenz schrieb er:
Er verharrte plötzlich in der Bewegung. Lauschend hielt er den Atem an, und dann drehte er langsam den Kopf.
Marc schluckte. Er war kein furchtsamer Mensch, doch jetzt hatte er Angst.
Zehn Kilometer vor Maurs setzte sein Wagen aus. Es war Mitternacht, und er konnte nicht damit rechnen, noch Hilfe durch einen anderen Autofahrer zu erhalten. Um diese Zeit war die abgelegene Straße nicht mehr befahren. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als den Weg nach Maurs zu Fuß fortzusetzen.
Langsam ging er weiter, und plötzlich stieg wieder dieses unerklärliche Gefühl der Angst in ihm auf. Etwas beobachtete ihn, näherte sich ihm. Mit fiebrig glänzenden Augen starrte er in den Wald und schien mit seinen Blicken die dunklen Stämme durchbohren zu wollen. Rundum war alles totenstill. In der lauen Sommernacht bewegte kein Lufthauch die Blätter an den Bäumen.
Und doch glaubte Marc, Schritte zu hören. Dumpfe, gleichmäßige Schritte. Schweiß trat ihm auf seine Stirn. Seine Nerven spielten ihm schon einen Streich, er hatte sich vorn Gerede der Leute durcheinanderbringen lassen. In der Umgebung von Maurs war seit einiger Zeit ein Gerücht im Umlauf, das nur flüsternd von Mund zu Mund weitergegeben wurde. Diese einfachen Menschen auf dem Lande lebten noch mit ihrem Aberglauben, und sie glaubten noch an Dinge, über die man in den Städten nur lachte...
Erst jetzt wurde ihm bewußt, daß die Schritte, die er gehört hatte, seine eigenen waren. Marc rannte. Sein Blick war wie in Hypnose auf das dunkle, gewundene Band der schmalen Straße gerichtet, die in der Ferne von den dichtstehenden Baumreihen verschluckt zu werden schien.
Für einen Augenblick fühlte er sich erleichtert, befreit, die Furcht wich. Aber sie kam sofort wieder, als der Schatten ihn wie in einem Mantel einhüllte.
Marc hörte das mächtige Flügelschlagen. Für den Bruchteil einer Sekunde glaubte er, einen furchtbaren Alptraum durchzumachen.
Aber es war kein Alptraum - es war Wirklichkeit, und es war eine grausige, erschreckende Wirklichkeit!
Der riesige Flügel streifte sein Gesicht. Seine Haut riß auf, als ob eine rasiermesserscharfe Sense sie ritzen würde.
Marc schrie. Sein Aufschrei verhallte ungehört in den Tiefen der Wälder. Seine Abwehrbewegung blieb im Ansatz stecken.
Er sah die dunkle, schemenhafte Gestalt wie durch einen Blutnebel. Sie war mannsgroß, die mächtigen Flügel spannten sich wie ein Zeltdach über ihm. Und dann bohrten sich zwei spitze Zähne in seine Halsschlagader.
Ein letzter Gedanke erfüllte sein Bewußtsein.
Das Gerede der Leute - die Vampire, die es geben sollte, und an die er nicht glaubte, nicht glauben konnte. Er war ein Kind des zwanzigsten Jahrhunderts, er lebte in einem modernen, fortschrittlichen Land...
Ein tiefer, schwarzer Abgrund tat sich vor ihm auf. Krampfartige Schmerzen peitschten seinen Körper, Marc stürzte zu Boden, seine Arme zuckten, dann lag er still.
Er merkte nicht mehr, wie der riesige Schatten von ihm zurückwich, und spürte nicht mehr das Blut, das aus der Bißwunde an seinem Hals herablief.
Er war tot.
Dieser Roman erlebte im Laufe der nächsten 50 Jahre mehrere Neuauflagen.
Die erste erschien 1970 als Silber-Grusel-Krimi-Nummer 1, als die Silber-Grusel-Krimi-Reihe neuaufgelegt wurde.
Die nächste Neuauflage erschien als Zauberkreis-Taschenbuch Nr. 34 und in diesem Taschenbuch hat Jürgen Grasmück seinen eigenen Roman aus dem Jahr 1968 überarbeitet und einige neue Textpassagen dazugeschrieben, damit es einen Taschenbuchumfang hatte.
Als am 21.April 1981 die eigene Larry Brent-Serie startete wurde natürlich die Heft-Version von 1968 genommen.
Nachdem Ende 1986 die Larry Brent-Serie mit Band 192 eingestellt worden war, wurde es ein wenig ruhig um Larry Brent.
Am 27.02.1990 erschien im Bastei-Verlag in der Dämonenland-Reihe als Nummer 11 der erste Larry Brent Roman unter dem Titel „Das Grauen“. Diese Titelkürzung war wohl ein Einfall des Bastei-Verlages.
1993 zum 25. Jubiläum von Larry Brent und zum 20. Jubiläum von Macabros brachte der Dan Shocker’s Fantastik-Club einen Dan Shocker-Sonderband heraus, wo der erste Larry Brent-Roman (neben den beiden weiteren Larry Brent-Abenteuern 2 + 3, auch die Macabros Nummern 1 + 2) in der Taschenbuchversion enthalten war.
1998 nahm sich der Blitz-Verlag der Dan Shocker-Romane an und brachte eine Paperback-Reihe mit jeweils vier Romanen heraus. Der Titel des ersten Paperback-Bandes lautet: „Im Kabinett des Grauens“. Natürlich war der erste Larry Brent-Roman – in der Taschenbuchversion – Bestandteil des Paperbacks.
2005 stellt der Blitz-Verlag das Erscheinungsbild seiner Buchreihe auf zwei Romane pro Romane um, und deshalb der erste Larry Brent-Roman in dieser Ausgabe nochmals. Der Name des Paperbacks lautet „Das Grauen“.
Seit dem 21. Dezember 2017 erschien die Larry Brent-Serie als Ebook-Ausgabe im Maritim-Verlag. Stand heute am 50. Jubiläum sind 120 Ebooks erschienen. Die Herausgabe richtet sich nach der Larry Brent-Reihe und die Nummer 120 war „Bogenschütze des Schwarzen Todes“
Der Maritim-Verlag hat für die Ebook-Ausgabe von „Das Grauen schleicht durch Bonnards Haus“ die Taschenbuch-Version von 1979 genommen.
Dieser Beitrag wurde schon 1 mal editiert, zum letzten mal von Talis am 25.08.2018 13:50.