Karel Thole: Visionen des Unwirklichen
Visionen des Unwirklichen
Die phantastischen Bilder des Karel Thole
Vorwort ("Die Wahrheit über den Fall Thole") von Carlo Fruttero und Franco Lucentini
Aus dem Italienischen von Hilde Linnert und Gabriele von Groll-Ysenburg
98 Seiten
Erschienen 1982
Wilhelm Heyne Verlag
Karel Thole braucht als phantastischer Maler keine Einleitung, denn dem deutschen Leser unheimlicher Schriften ist dieser Künstler spätestens seit 1972 bekannt. Sein Schaffen umfasst eine fast unüberschaubare Fülle von Illustrationen und Bildern geschaffen, von denen der vorliegende Band nur einen Bruchteil präsentiert.
In den letzten Jahren seines Lebens war er in Deutschland fast ausschließlich für die SF-Reihen des Heyne Verlages tätig. Diesem Genre kann man Karel Thole aber nur bedingt zuordnen. Science Fiction erfordert meist kalte und technische Perfektion, aber selbst wenn Thole SF-Klischees bediente, haftete den Motiven bei aller Detailfreudigkeit stets ein Hauch von Verfall an (und sei es nur ein Rostfleck an einem Raumschiff). Üblich ist bei Karel Thole aber ohnehin eine aus dem Fugen geratene Welt, bevölkert mit wahrhaft monströsen Lebens- und Erscheinungsformen, oft bis ins Skurrile und Surreale verzerrt. So ist als sein eigentliches Metier die unheimliche Phantastik anzusehen; hier ist es auch, wo er seine beeindruckendsten Malereien geschaffen hat. Obwohl diese Bilder nicht "schön" im herkömmlichen Sinne sind, empfindet man doch niemals Abscheu oder Ekel über die gezeigten "schrecklichen" Motive. Es ist vielmehr die gleiche Art von Faszination, die auch die Bilder von Hieronymus Bosch oder Pieter Bruegel dem Älteren ausgehen.
Der Band enthält neben 77 farbigen Farbtafeln und Skizzen auch Bio- und Bibliographisches von und zu Thole. Das letzte Bild zeigt ein Selbstportrait, das seinen eigenen Schwarzen Humor verdeutlicht: Karel Thole auf dem Totenbett liegend.
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Nur der Mond schwamm immer noch leuchtend und wunderbar in den unermesslichen Weiten des funkelnden ukrainischen Himmels; ebenso majestätisch atmete die ungeheure Höhe, und die Nacht, die göttliche Nacht verglühte; ebenso schön lag die Erde im verzauberten Silberlicht.
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