Das Vermächtnis des Vaters __________________
So manches Geheimnis sollte besser im Dunkeln bleiben. So manches Rätsel der Vergangenheit sollte man lieber nicht mehr ausgraben. Doch die Neugier der Menschen treibt diese bisweilen zu einer selbstzerstörerischen Unvernunft. Und so ist es wohl manchmal auch bei mir. Dieser Fall begann wie so vieler meiner Fälle auf einem Friedhof. Aber es war nicht irgendein Totenacker, denn hier lagen mein Vater und meine Mutter beerdigt. Bald darauf schlich ich durch die Ruine meines Elternhauses, auf der Suche nach dem Vermächtnis meines Vater. Und so begann für mich eine höllische Odyssee...
Erscheinungsdatum: 4.4.2005
Wenn die Süße des geringen Preises verflogen ist, die Bitterkeit minderer Qualität wird bleiben.
Worum geht es in diesem ersten Teil eines Zweiteilers? - __________________
Sinclair und Jane Collins sind nach Abschluss des vorangegangenen Falls mit den Hexen nach Lauder gereist, wo Sinclair das Grab seiner ermordeten Eltern besucht. Ihm fällt ein seltsamer Schatten auf dem Friedhof auf, dem er zunächst aber keinen Hintergrund beimessen kann. Als er zur im Auto wartenden Jane zurückkehrt, ist diese attackiert worden und nach einer Injektion kurzzeitig ausgeknockt worden. Beide fahren in den Ort zurück, allerdings nicht - wie es logisch gewesen wäre, zum Arzt - sondern in ein Cafe, um was zu trinken. Dabei stellt Collins fest, dass ihr während der Bewusstlosigkeit ein Stück Pappe zugesteckt wurde, das auf einen Treffpunkt beim einstigen Sinclair-Haus verweist.
Dort angekommen, beschließt Sinclair, die einstigen Kellerräume zu durchsuchen. Er findet in einem alten, vom Feuer nicht angegriffenen Aktenordner einen Schlüssel, der eine geheime Lade im Schreibtisch seines Vaters öffnet. Dort wiederum findet Sinclair eine Notiz, die darauf schließen lässt, dass der alte Sinclair hinter "Loginus" (Hinweis: Eigentlich müsste es "Longinus" heißen, da hätte der Autor mal lieber besser recherchiert) her spürte. Sinclair als auch Collins können mit dem Wort nichts anfangen (wobei das zum Allgemeinwissen gehört, das aber nur am Rande). Und obwohl sie zum örtlcihen Konstabler fahren, schlägt Sinclair es bewusst aus, sich via Internet über den Begriff zu informieren. Was soll das??? Völlig unlogisch!
Lange Rede, schwindender Sinn: Man beschließt, mit dem Zug nach London zurückzukehren. Sinclair ruft, wohl doch neugierig geworden, bei den Conollys an, wo Johnny ihm die Info gibt, dass Longinus jener römische Soldat war, der dem am Kreuz sterbenden Christus einen Speer/eine Lanze in die Seite stach. Daraus leitet Sinclair ab, dass sein Erzeuger hinter der Lanze des Longinus her gewesen sein könnte. Als er später Collins und sich einen Kaffee holen gehen will, werden beide von drei gangstern - Lucy und ihren beiden Spießgesellen - gefangen gesetzt. Diese wollen eine Notbremsung des Zugs erzeugen, dabei die Collins erschießen, weil es ihnen einzig um Sinclair geht.
Zur Notbremsung kommt es, doch die Collins kann ihren Gegner mattsetzen und springt freiwillig aus dem Zug. Sinclair wird kurz darauf gezwungen, als Geisel der Gangster aus dem Zug zu springen. Derweil machen sich die Conollys, Suko und Shao als auch Sir Powell Sorgen, weil sie von Sinclair und Collins nichts mehr gehört haben...
Fazit: Tja, was bleibt zu sagen? Sinclair goes Schmalspur-Indiana Jones, möchte man fast meinen. Dark greift, ähnlich wie bei der Bundesladen-Thematik um Band 1000, mal wieder in den Fundus biblischer Mystik und baut eine Schnitzeljagd zusammen. Nix Neues, das hatten wir, allerdings weitaus besser, beim Dunklen Gral (der dann gnadenlos verheizt, weil praktisch nicht mehr verwendet, wurde), später folgten die Bundeslade, aber auch der Templerschatz, Maria Magdalena, usw.
Ich habe mir öfter an den Kopf gegriffen, weil man aus Sinclairs Verhalten hier einige Male nicht schlau werden will. Der bewusste Verzicht auf den doch so wichtigen Begriff habe ich bereits angesprochen, auch das völlige Nichtwissen zum Thema muss angesichts vergangener Themen ähnlicher Themen überraschen.
Auch die folgende Stelle ist fragwürdig. Nachdem beide die Botschaft mit dem Teffpunkt bei der Ruine des alten Sinclair-Hauses lesen, merkt Sinclair dies an: "Leider sah ich keinen Sinn in der Botschaft, denn mein elterliches Haus war abgebrannt, ..." (S.14) => Und deshalb kann es folglich nicht trotzdem als Treffpunkt dienen? Oder wie ist dieser Satz zu verstehen???
Mit der Kontinuität hat es der Autor bekanntlich nicht so wirklich. Beispiel: Auf S. 13 schlägt Jane Collins vor, man solle den örtlichen Konstabler aufsuchen. Sinclair stimmt zu. Dann aber fragt die Collins auf S. 17: "Wen willst du fragen?" - "Duncan O`Connor." - "Den Polizisten?" - "Wen sonst?" => AUA, das tut irgendwo schon weh.
Ein noch peinlicheres Beispiel: Dark kann sich schon nicht mehr daran erinnern, wem der alte Sinclair einmal gedient hat. "So hatte er einer geheimnisvollen Gesellschaft angehört, die auch mit dem alten äthiopischen König Melenik zu tun gehabt hatte" (S. 5). => FALSCH, es war Lalibela, wie auch hinterher nochmals in der Serie aufgegriffen wurde. Immerhin: Auf S. 33 wird der Kontext dann zumindest auch einmal korrekt wiedergegeben.
Thema sprachliche Klötze: Dafür ist Dark auch immer mal wieder gut. Wie auch hier, auf S. 13: "Ich werde mich schon wieder bekrabbeln." => Äh, was? Wahrscheinlich eher "berappeln".
Oder auch: "Aber ich bekriege mich schon wieder." => WHAT? Wahrscheinlich sollte es heißen "ich kriege mich schon wieder ein".
Rätselhaft erscheint zudem, warum sich Sinclair und Collins, nachdem sie den ganzen Roman über normal und gut miteinander auskamen, aus heiterem Himmel anfangen, sich anzuzicken - ohne jede Motivation oder Anlass. Und ein Johnny Conolly, der Sinclair aufträgt, "die blonde Schnüfflerin" (S. 31) zu grüßen, geht einem mit seiner respektlosen Art dann auch noch schnell auf den Zeiger.
Zudem: Die These von "Nörgel-Bill" Conolly, die Lanze des Schicksals und der Heilige Gral würden "eine Einheit bilden" (S. 53), darfg ebenso hinterfragt werden. In einigen Legenden werden beide Reliquien miteinander in Verbindung gebracht, von einer "Einheit" ist allerdings nie die Rede.
Insgesamt hat der Roman seine Momente, wird aber durch nicht nachvollziehbare Handlungen Sinclairs deutlich nach unten gezogen. Man fragt sich unwillkürlich, welche Leichen der alte Sinclair wohl noch im Keller hatte (im Wortsinn) und wie viele geheime Leben er neben Lalibela noch führte. Wie die Lanze des Schicksals in einer Serie mit zu diesem Zeitpunkt bereits 200 offenen Handlungsfäden reinpasst, bleibt offen. Bei der Wertung habe ich lange geschwankt, ich lasse den Autor hier mit einem "mittel" davon kommen.
Talent is a flame. Genius is a fire...