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VHR Band 246: Die Toten lassen bitten von Cedric Balmore

Verfasst: Do Mai 03, 2012 9:39 am
von Habibi

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"Ich hasse dich!" schrie Irma Wilson ihren Mann an. "Ich wünschte, du wärest tot!" Sie ist verrückt, dachte Lester. Oder betrunken, oder beides zusammen. Sie saßen sich in einem Eisenbahnabteil erster Klasse gegenüber. Der Zug rollte stampfend durch die Nacht. Die Dampflokomotive hatte Mühe, eine Steigung zu nehmen. Gelegentlich prasselte ein Regenschauer gegen die schmutzigen Gensterscheiben. Lester hatte es längst aufgegeben, etwas von der Landschaft sehen zu wollen. Draußen war es stockdunkel. Nur selten huschte ein Licht vorbei, die Quadrate und Rechtecke erleuchteter Fenster, das helle Rund einer Kirchturmuhr. Irma hielt die Reiseflasche mit dem Brandy in der Hand. Sie genehmigte sich einen weiteren Schluck und spie Lester plötzlich ins Gesicht. "Eines Tages bringe ich dich um", keuchte sie. Lester sprang auf, er riß die Rechte hoch und brachte es nur mühsam in letzter Sekunde fertig, die zum Schlag erhobene Hand zu stoppen. Nein, soweit würde Irma ihn nicht bringen. Er schlug keine Frau, schon gar nicht die eigene - egal, wie lebhaft sie ihn herausforderte. Lester setzte sich. Er wischte sich mit dem Handrücken über die klebrig gewordene Gesichtshaut. Er starrte Irma in die Augen. Irma Wilson, geborene de Ville, 26 Jahre alt, kinderlos. En paar Jahre lang war Irmas Gesicht so populär gewesen, wie das einer berühmten Sportlerin oder Politikerin.


Verfasst von Cedric Balmore (= Hans E. Ködelpeter)

Titelbild von Nikolai Lutohin

Erschienen am 25.10.1977


Verfasst: Fr Jan 12, 2018 10:17 pm
von Olivaro
Das einzige Titelbild von Nikolai Lutohin, mit dem er Karel Thole qualitätsmäßig am nächsten kam.

Verfasst: Sa Jan 13, 2018 8:51 pm
von Estrangain
Aber nur, wenn man das Cover von VHR 213 als Qualitätsmaßstab nimmt...

Verfasst: Sa Jan 13, 2018 9:06 pm
von Olivaro
Ach komm, der Triple-Rüssler kann da nicht mithalten. Verglichen mit Lutohins sonstigen grellen Geisterbahnfiguren kann das obige Porträt durchaus neben Tholes bizarren Geschöpfen bestehen. Vielleicht strahlt es vom Handwerklichen her nicht diese Morbidität und Tholes meisterhafte Pinsel- und Farbhandhabung aus, aber rein vom Motiv her ist es in meinen Augen zumindest eine gelungene Pastiche.