Dies ist wieder einmal ein hätte - wäre - wenn - ... - Roman, der Potential gehabt
hätte,
wären da nicht einige eklatante Logikschwächen.
Wenn diese nicht wären, hätte ich mit Sicherheit ein 'sehr gut' vergeben, aber so...
Der Beginn ist zunächst einmal recht spannend. Die Entführung der Judy Simmons ist eindringlich beschrieben, ihre Entführerin, offenbar eine Halbvampirin, wirkt zwar etwas abgedreht, aber darüber sehe ich mal Hinweg.
Die Idee der Halbvampire, Justine Cavallo mit Nahrung (in dem Fall Judy Simmons) zu füttern, um sie davon abzubringen, Mallmanns Erben zu verfolgen ist ja an sich nicht schlecht, andererseits wirkt die Gegnerin doch etwas naiv, indem sie das Blutopfer einfach Jane Collins überlässt, weil Justine nicht zu Hause ist (obwohl sie eigentlich darüber informiert ist, wer Jane ist). Prompt schaltet sich John Sinclair ein - und schon verhalten sich die Halbvampire wieder ziemlich stumpfsinnig. Anstatt auf die Suche nach einem anderen Opfer zu gehen (von denen es mit Sicherheit recht viele in London gibt), versteifen sie sich darauf, unbedingt Judy Simmons zurückzuholen. Warum auch immer...
Aber irgendwie muss man ja die 64 Seiten füllen.

Jedenfalls folgen erst mal wieder ein paar zu lang geratene Gespräche, bis der Roman ab Beginn des zweiten Drittels Fahrt aufnimmt. Der erste Überfall der Halbvampire und das Szenario des von ihnen unterwanderten Mietshauses, in dem sich John, Judy und später auch Suko und Justine Cavallo gegen eine zunächst unbekannte Anzahl Gegner zur Wehr setzen müssen sind die großen Stärken des Romans.
Leider hat der Roman aber auch eben einige Logiklöcher:
- auf S. 27 erklärt Judy dem überraschten John, dass sie die beiden Halbvampire, von denen sie kurz zuvor in Mayfair überfallen wurden, schon mal in dem Haus, in dem sie wohnt (und in das mittlerweile die Handlung verlegt wurde), gesehen hat, und damit davon ausgeht, dass diese auch in dem Haus wohnen. Auf S. 30 ist Judy allerdings total von den Socken, als John den Verdacht äußert, die Halbvampire könnten in dem Haus wohnen. Etwas vergesslich, die beiden.
- Die Anführerin der Halbvampire in diesem Roman heißt Loretta - da fällt dem geneigten Leser natürlich sofort Mallmanns letzte Partnerin, die Köpferin Loretta, ein. Im Roman wird sie allerdings kein einziges Mal erwähnt, stattdessen sagt sogar Justine Cavallo auf S. 44: "Ich kenne keine Loretta." Und als sei das noch nicht peinlich genug, scheint es, als hätte sie (und alle anderen Personen des Romans) dieses Gespräch komplett vergessen, denn auf S. 53/54 ist sie total überrascht, als Suko ihr gegenüber den Namen Loretta erwähnt. Dafür sagt sie: "Loretta, den Namen habe ich noch nie zuvor gehört." Ist Alzheimer eigentlich ansteckend? In dem Roman scheint in London gerade eine Epidemie zu wüten ...
Das Finale hätte auch etwas interessanter gestaltet werden können, und die Art wie Loretta (die wie auf dem Cover Flügel hat und Vampir und Halbvampir zugleich sein soll - kommt da noch jemand mit?) letztendlich vernichtet wird, ist doch ziemlich lahm.
Wieder einmal lässt sich sagen: Aus der Story hätte man so viel mehr machen können. Dank des interessanten Szenarios und einigen recht ansprechenden Actionszenen sowie der Tatsache, dass die Halbvampire einen der wenigen roten Fäden der Serie derzeit bilden, sehe ich den Roman noch als Durchschnitt an. Mehr leider aber auch nicht...
Das Titelbild ist aus meiner Sicht übrigens eine mittlere Katastrophe und hat nur ansatzweise etwas mit dem Roman zu tun.