2015. Der IS ist auf dem Vormarsch. Bei einer Tempelsprengung wird das klassische Übel freigesetzt, weil das obligatorische Schutzsiegel bricht.
[COLOR=d19da6]Es herrschte Krieg! Wer gegen wen und warum, das erschloss sich Binmot nicht. Es war ihm auch egal.[/COLOR] Hauptsache der orientalische Drache hat durch das Chaos Gelegenheit, auf Menschenjagd zu gehen. Fällt bei dem ganzen Sterben eh niemandem auf. Bei sich hat er seine loyalen Dämonen. Als Binmot sich mit einem Kampfjet anlegt, erwischt es ihn und er hat erstmal Pause.
Da setzt dann die Handlung mit den bekannten Nebenfiguren dieser Autorenbaustelle ein. Der letzte Roman der Autorin dürfte anderthalb Jahre her sein. Da mich die Geschichten von Stephanie Seidel sowieso nicht sehr mitgerissen haben, bin ich wieder mal raus. Wer war nochmal wer und worum ging es in ihrem letzten Heft? Ich muss mich wohl an dem entlanghangeln, was kein Vorwissen erfordert.
Erstmal gibt es wie bei Stephanie Seidel üblich sowieso nur stilistische Szenebeschreibungen von Damaskus und irgendwelche Lokalinfos. Der Erzdämon Hazakil hat sich die letzten Jahre um den verletzten Binmot gekümmert und mit Nahrung versorgt. Der dämonenkundige Historiker Ibrahim Choukri befindet sich nicht weit entfernt im Nationalmuseum, weil ihn das Palmyra-Projekt interessiert. Dabei wird er auf den Tempel mit dem gebrochenen Siegel aufmerksam. Und es gibt seitdem immer wieder Berichte und Aufnahmen von einem Drachenwesen.
[COLOR=d19da6]“Vielleicht wussten nur die Baalpriester von ihm. Oder er ist nie in Erscheinung getreten“, vermutete Jamal. „Und das wäre er auch nie, hätte der IS nicht vor fünf Jahren den Tempel gesprengt!“, fügte er zornig hinzu. Choukri lachte auf. „Welch Ironie! Ausgerechnet die befreien einen antiken Gott!“[/COLOR]
Auf dem Markt ist Ibrahim gerade in einem Geschäft, als in unmittelbarer Nähe Hazakil zuschlägt und einen Jungen für den Drachen entführt. Ibrahim hört die verzweifelten Schreie des Vaters und wird so natürlich zufällig auf den Gegner der Woche aufmerksam, ohne es zu wissen. Als die Polizei kommt, haut er aber ab.
[COLOR=d19da6]Zu Hause in Marokko wäre Choukri nicht von der Stelle gewichen, hätte dem unglücklichen Mann beigestanden. Doch er war davor gewarnt worden, sich mit syrischen Sicherheitskräften anzulegen.[/COLOR] Der Junge ist angeblich von einer Tasche verschlungen worden, das klingt eh etwas unglaubwürdig. Aber weil der Taschenhändler ihn so bejammert, kauft Ibrahim dann noch eine Aktentasche, um den Kerl los zu sein. Wieder ein totaler Zufall, mit dem die Autorin ihn auf der richtigen Spur bleiben lässt. Denn als er die verschlossene Tasche in seinem Hotel liegen lässt und später zurückkehrt, erwartet ihn eine Überraschung.
[COLOR=d19da6]Auf seinem Bett stand die schwarze Aktentasche. Weit geöffnet.[/COLOR]
Zamorra führt mit seinem alten Studienfreund, Dämonenjäger und Seidel-Nebenfigur Willem van Kamp ein Skypegespräch. Da erreicht Willem gerade eine Textnachricht von Ibrahim. Wie schreibe ich gerne…es passt wieder einmal alles perfekt zusammen. Willem macht sich mit dem Dschinn Rhannoud auf den Weg zu Ibrahim, um ihn bei der Untersuchung des Taschen-Mysteriums zu unterstützen. Es kommen fast alle Seidel-Figuren zum Einsatz. Muss ja, wenn man so selten die Chance erhält, seinen Plot fortzusetzen. Zamorra hat ja zufällig von der Notlage Wind bekommen und ruft Ibrahim an, der Zamorras Hilfe vorerst ablehnt.
[COLOR=d19da6]“Es wird nicht nötig sein, dass Sie sich herbemühen, Professor Zamorra!“[/COLOR] Was ganz sicher auch bis zum Ende des Abenteuers so bleiben wird…
Der Dschinn Rhannoud untersucht die Tasche ziemlich sorglos, weswegen Ibrahim sie ihm wegnehmen will, bevor etwas passiert. Tja.
[COLOR=d19da6]“Ich hab doch gesagt ...“ – Weiter kam er nicht. Seine Finger hatten die Innenseite berührt; ein Fehler, der sich nicht mehr korrigieren ließ. Mit ungeheurer Wucht wurde Choukri vom Bett gerissen, über die Tasche, in sie hinein. Willem bekam Choukris hochfliegendes Bein zu fassen, wollte sich nach hinten werfen, als Gegengewicht. Doch die Zeit reichte nicht aus. Zwei Herzschläge, dann waren die Männer verschwunden.[/COLOR] Eine Heftroman-Verkettung unglücklicher Ereignisse. Rhannoud steht dumm da, aber er hat eine Idee.
[COLOR=d19da6]“Zamorra muss her! Der findet immer eine Lösung.“[/COLOR] Das ging schnell. Sie kommen vor Ort aber auch nicht weiter. Zum Glück meldet sich da der Mythenforscher Abu Jamal aus dem Nationalmuseum im Hotel, weil er sich mit Ibrahim treffen wollte. [COLOR=d19da6]
“Sie wissen von Doktor Choukris ... inoffizieller Tätigkeit?“ Jamal nickte. „Ich weiß auch, wer Sie sind, Herr Professor.“[/COLOR] Perfekt, dann kann man ihn gefahrlos einweihen. Weiterhin passt alles perfekt.
Abu Jamal hat auch direkt den richtigen Einfall.
[COLOR=d19da6]“Drachen häuten sich einmal im Jahr, das wissen Sie ja sicher.“ „Und ihre Magie sitzt auch in der Haut“, ergänzte Zamorra. „Die wirft er seit der Zeitenwende ab. Wieder und wieder.“ Vor seinem geistigen Auge formte sich das Bild riesiger Taschenstapel, genug, um unzählige Menschen in den Tod zu reißen.[/COLOR] Es gibt zwar einen heiligen Zugang in die Welt des Drachen. Doch der wird von der syrischen Armee bewacht.
Willem und Ibrahim landen im Höllengrund, der Dimension des Drachen. Ausgerechnet der Dschinn, der ihnen hier helfen könnte, ist nicht mit dabei. Sie werden auch sogleich von einem Dämon begrüßt, den sie aber vernichten können. Und sie treffen auf andere Gefangene. Außerdem gibt es viel orientalische Mythologie zum mitnehmen. Einen für Sterbliche nutzbaren Ausgang aus der Dimension gibt es auch, komische Todesfalle.
[COLOR=d19da6]“Der einzig Erreichbare wäre der in der Schwarzen Grotte, aber da kann man kaum treten vor lauter Dienern.“[/COLOR]
Da gibt es bei Zamorra also einen schwer bewachten Eingang in die Welt und bei den anderen einen schwer bewachten Ausgang aus der Welt. Ich macht es jetzt mal kurz und muss wohl nicht weiter auf Momente eingehen, wo zufällig alles perfekt zusammenpasst, um die Handlung in die von der Autorin gewünschte Bahn zu lenken. Dabei werden selbst kleinste Details wichtig. Wie der rote Gummiball des auf dem Markt entführten Jungen, der jetzt genau vor der Statue eines Götzen liegt und genutzt werden kann, um in Kombination mit anderen Zutaten die Statue zu vernichten. Was für ein Glück, das passt perf…ah, ich tue es schon wieder, sorry. Der Junge wird auch noch entdeckt und kann mitgenommen werden, um am Ende gerettet zu werden und den Kreis zum Anfang der Geschichte zu schließen. Ach, und der Gefangene, der die Helden durch diese Welt führt entpuppt sich noch als Werwolf. Wenn der sich jetzt genau zum Finale verwandelt wäre das doof. Aber wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit?
[COLOR=d19da6]Er würde einsetzen, wenn der Mond aufging – gleich, jeden Moment.[/COLOR] Ach stimmt, ja sowas ist bei Stephanie Seidel irrelevant, sie macht es sich, wie sie es braucht. Deshalb greift der Werwolf auch die Dämonen an und nicht die Helden, deren Munition just in diesem Augenblick leer geschossen ist. Überraschende Rettung in letzter Sekunde, toll.
Auf der Erde versuchen Zamorra und Rhannoud, ihren Freunden zu helfen. Der Dschinn ist unsichtbar, die syrischen Truppen sind kein Problem. Er bringt sich und Zamorra zum Eingang in die Welt des Drachen. Der natürlich genau an dem Ausgang mündet, wo der Rest der Helden sich gerade befindet. Wer hätte es gedacht. So kann das versammelte Seidel-Team zusammen den Drache und seine Diener bekämpfen. Und am Ende mit einem Bannspruch den Höllengrund versiegeln. Der Erzdämon Hazakil ist zu dem Zeitpunkt aber auf der Erde. Er bemerkt, dass er nicht mehr Heim kann und macht sich auf die Suche nach den Verursachern der Versiegelung. Das wird dann die Fortsetzung des Plots sein….in ein bis zwei Jahren….
Man kann das positiv oder negativ auffassen: Stephanie Seidel bleibt sich treu. Sie schreibt Märchen, keine Gruselgeschichten. Und in Märchen passieren eben auf wundersame Weise ständig Dinge, damit die Helden in verzwickte Situationen kommen, um sich zu beweisen. Aber am Ende fügt sich dann auf ebensolche Art alles zusammen und die Protagonisten siegen über das Böse. Da darf man einfach nicht nach der Logik suchen. Dazu gibt es wie immer eine ordentliche Ladung Informationen über orientalische Mythologie, Gepflogenheiten, Geschichte und Lokalitäten.
Das ist Geschmackssache. Ich möchte aber auch objektiv fragen, schreibt die Autorin PZ-Romane? Es ist auch nichts Neues. Ihre Erzdämonen sind andere als die von PZ. Und ich glaube ihr Baal ist ein anderer als der von PZ. Für mich ist Stephanie Seidel aus all diesen Gründen eine Autorin, die beim neuen Gespenster-Krimi wesentlich besser aufgehoben wäre.

:baff: :baff: :baff: :baff: :baff: :baff: (4 von 10 Amuletten) für meinen Lesegeschmack. Im Gegensatz – ich muss es wieder erwähnen, tut mir Leid – zu Florian Hilleberg kann ich das hier als „ist einfach nicht mein Fall“ abtun. Zum Beispiel sind ihre Beschreibungen um den IS genau richtig. Weder zu moralisch, noch zu überdreht brutal für den Schockeffekt und keine persönliche Meinung als Autorenzeigefinger. Der IS ist scheiße und furchtbar, da sind wir uns alle einig. Aber es reicht, wenn man neutral die Tatsachen beschreibt und jeder nicht verblödete Leser sich daraus selbst die Moral ableiten kann. Ich möchte ihr wirklich nur ankreiden, dass sie sich nicht an das Setting PZ anpasst. Sie beteiligt sich abgesehen von einer kurzen Erwähnung auch nicht am Überthema der Zauberschule, was für mich einerseits sehr schön ist (ich finde auch immer einen Grund zum Meckern), andererseits ist das Schade für das gemeinschaftliche Konzept.
Nachdem ich jetzt drei Wochen JS-Pause wegen Ghoul-Trilogie hatte, gibt es wohl einen Monat PZ-Ruhe durch das Crossover. Ich wünsche allen Lesern viel Spaß und freue mich auf eure Rezi-Texte.
