Soso, die Stadtplanung von Washington geschah damals also nach dem exakten Plan einer dunklen Macht.
[COLOR=d19da6]“Washington ist ein Hort des Bösen und der Finsternis geworden – exakt so, wie du es dir wünschtest“[/COLOR] Da haut Simon Borner aber gleich am Anfang ordentlich auf den Putz. Es wäre interessant gewesen, wenn Pierre L’Enfant wirklich in einem Feuer gestorben wäre, aber hier wandelt der Autor die Historie zu seinen Gunsten ab. Nach hunderten Jahren beginnt das Grauen natürlich gerade jetzt. Simon Borners Ellen Driver untersucht einen der Vorfälle.
Im Château gibt es wieder mal Zickerein mit den Neuzugängen. McTaggert benimmt sich wie ein typischer Soldat.
[COLOR=d19da6]“Was für ein Problem wir auch haben, für Sam wird die erste Lösung immer daraus bestehen, nachzuladen und abzudrücken. Erst schießen, dann fragen – wenn überhaupt.“[/COLOR] Das ist eine ziemlich veraltete und auch falsche Sichtweise, aber passt schon zum Stil des Autors. Jetzt muss man sich aber zusammenreißen, in Washington brennt die Luft. Dort erwischt es die nächsten Opfer und dieses Mal klingen sie deutlich eher nach Simon Borner als noch in seinem letzten Roman. Ein rassistischer Klischeetexaner zum Beispiel, natürlich.
Danach geht es zurück nach Travemünde, wo die Helden vor einem Jahr den Roggenbuk besiegten. Sie wurden heimlich vom Albtraumsammler beobachtet.
[COLOR=d19da6]“Du hast den Dämon besiegt, Zamorra“, knurrte er und zog sich den Hut noch tiefer in die knochenblasse Stirn. „Aber das macht kaum noch einen Unterschied. Ernten kann ich auch so bereits.“[/COLOR] Und zwar die grausigen Träume der Bewohner. Er hat also dafür gesorgt, dass das Monster publikumswirksam aktiv war, damit die Leute jetzt von ihm träumen und er die negativen Schwingungen ernten kann? Naja. Es wird wohl nur die paar betroffen haben, die ihm persönlich gegenüberstanden. In der heutigen Zeit sieht man auch ohne Roggenbuk genug schlimme Dinge im Fernsehen oder Internet. So richtig überzeugt mich das nicht, auch wenn die grundsätzliche Plotidee gefällt. Der Kerl erntet angeblich schon seit Jahrhunderten weltweit Albträume. Dann möchte ich eine gute Erklärung dafür, warum gerade im April 2021 sein Plan die finale Phase erreicht oder sowas. Abgesehen von „Es passt dem Autor ins Handlungstiming“. Zufällig träumt Zamorra im Flieger gerade jetzt von den Ereignissen in Deutschland und von einem mysteriösen Hintermann. Zufälle gibt es!
Währenddessen lockt Lana Endega aka Angela Dean aka Stygia jemanden zu sich. Finn Cranston, falls sich noch jemand erinnert. Von Simon Borners New York Romanen. Der hat tatsächlich überlebt und spinnt nun in Washington seine Fäden. Na gut, jetzt gibt es einen dicken Herzens-Bonuspunkt von mir. Wie ich ihn vermisst habe. Auch wenn es 6 Jahre her ist. Jetzt will ich nur noch Bibleblack zurück, bitte. Ich habe keine Ahnung wie und es wird auch nicht erklärt, aber Stygia ist dem Albtraumsammler auf die Schliche gekommen und Finn Cranston soll sich nun um ihn kümmern.
[COLOR=d19da6]„Ein mächtiges Wesen“, sagte die einstige Fürstin leise. „Vermutlich älter als die Zeit und geduldiger als der ewige LUZIFER selbst. Wenn mich meine Recherchen nicht in die Irre geführt haben, gibt es den Mann in Schwarz schon endlos lange. Vielleicht schon, seit es Menschen gibt.“[/COLOR] Ah, dann ist er also ein weiterer generischer uralter Supergegner. Und natürlich wird er die gesamte Menschheit „ausrotten“, falls sein Plan aufgeht.
Zamorra trifft sich mit Ellen Driver. Ein Zimmermädchen in dem Hotel, das das Epizentrum der Vorfälle bildet, ist zufällig eine Nachbarin der guten Ellen und hat sie darauf aufmerksam gemacht. Auch auf die neusten Entwicklungen. Da schlägt der Heftromanzufall mal wieder knallhart zu. Der Meister des Übersinnlichen beginnt seine Untersuchungen, wird aber direkt von den Traumbildern überfordert.
[COLOR=d19da6]Zamorra stöhnte, schloss die Augen und hoffte auf einen gnädigen Tod.[/COLOR] Als er sich wieder beruhigt hat, kennt er immerhin die Antworten. So schnell und einfach geht das. Magie! Das Amulett! It’s Heftromanmagic! Mhh, das hätte man auch geschickter aufdröseln können. Später stattet Finn Cranston Ellen einen Besuch ab. Unter dem Decknamen „Deep Throat“. Den sinnigen Witz dahinter verstehe ich irgendwie nicht.
In Frankreich gibt es schon wieder Stress, weil der Klischeesoldat McTaggert sich über Zamorras Anweisungen hinweg setzt, um das Château nach seinen Vorstellungen zu sichern. Nicole ist gar nicht begeistert, über diesen Vertrauensbruch.
[COLOR=d19da6]Im ersten Moment sah er aus, als wolle er sie schlagen. Doch dann bremste er sich ...[/COLOR] Oh, bitte nicht. McTaggert ist schon extrem an der Grenze des für mich Aushaltbaren, durch seine typische Borner-Klischeedarstellung. Langsam driftet er aber in die Richtung Arschloch-Cohen vom DK ab. Können wir nicht einfach mal einen netten Mann für’s Grobe haben, der vielleicht etwas direkt und stumpf ist, aber von seinen Teamkameraden gemocht wird?
Anderorts gibt es nun auch noch eine Packung Gesellschaftskritik.
[COLOR=d19da6]Das gesamte Land stand längst schon nicht mehr am Abgrund. Es war sehenden Auges über ihn hinaus geschritten – und nun befand es sich im freien Fall. Cranston war alt, älter als so manche Zivilisation. Er hatte Reiche kommen sehen, deren Macht und Einfluss sich über Kontinentsgrenzen hinaus erstreckt hatte. Reiche, die sich für nicht minder unkaputtbar und ewiglich gehalten hatten, wie es die vor Patriotismus blind gewordenen USA offenbar noch immer taten.[/COLOR] Aha, also wurde die Geschichte geschrieben, als Trump noch an der Macht war. Genau das hat dem Roman gefehlt…auf meiner Liste potentieller Kritikpunkte. Noch 10 ebook-Seiten und inzwischen macht mir die Geschichte wegen all dieser Schwachstellen keinen großen Spaß mehr.
Nicole findet indes Hinweise auf ein geheimes Stockwerk im Hotel des Grauens. Vielleicht findet man hier den Albtraumsammler oder den entscheidenden Hinweis.
[COLOR=d19da6]“Es wäre schon ein arger Zufall, wenn nicht. Findest du nicht auch?“[/COLOR] Ich sag mal nichts dazu. Zamorra begibt sich mit Ellen Driver und zwei ihrer Agenten dorthin. Einer wird direkt von einem Energiestrahl erwischt und gekillt, die wild umherzucken.
[COLOR=d19da6]Das ist kein Angriff, begriff der Dämonenjäger. Sondern purer Zufall.[/COLOR] Ok. Denn zufällig ist der Albtraumsammler gerade jetzt und gerade hier in dem Versteck dabei, neue Träume zu ernten. Perfektes Timing. Dem Bösewicht gelingt die Flucht und er entfesselt die magischen Energien im Obelisken des Washington Monument.
[COLOR=d19da6]Der Mann in Schwarz legte den fahlen Kopf in den Nacken, sah auf sein Werk und lachte, bis ihm die Tränen kamen.[/COLOR] Warum müssen es immer solche ausgelutschten Klischeegegner sein? Ach ja, weil Simon Borner. Immerhin zeigen die Energiestrahlen den Helden den Weg und dann greift auch noch Finn Cranston an. Ein uralter Vampir, aber an sich trotzdem ein niederes schwarzmagisches Geschöpft. Wieso kann ein Vampir die Abwehr des angeblich seit Anbeginn der Menschheit existierenden Albtraumsammlers überwinden? Der ist sogar überrascht. Geriet er in all den Jahrtausenden noch nie mit einem Blutsauger, Werwolf oder Wiedergänger aneinander? Jedenfalls nutzt Zamorra die Chance und vernichtet das Wesen dann fix mit dem Amulett. So einfach geht das. Wirklich. Da wird der Kerl beziehungsweise Plot seit Jahren aufgebaut, in diversen Fällen der Woche mit gruseligen Sagengestalten. Hier wird endlich offenbart, das alles durch den Albtraumsammler vernetzt ist. Hätte sich prima als Phase 2 eines längeren Handlungsbogens geeignet. Aber nein, schon wird diese ach so uralte und mächtige Gestalt fix auf wenigen Seiten vernichtet. Von einem Vampir und einfallslos von Zamorras Amulett-Blitzen.
Gut, Stygia durfte mal wieder mitspielen und Finn Cranston kehrt zurück. Ganz toll. Dafür hätte es aber die ganze Sache nicht gebraucht. Ich dachte, der Albtraumsammler legt jetzt erst richtig los. Oder er wird – noch besser – mit einem der Überthemen verbunden. LEGION, neue Hölle oder Rufus Agadir.
So besonders war der Roman an sich auch nicht. Das „Haus des Mister Blood“ hat mir vor zwei Wochen wesentlich besser gefallen. Weil die typischen Borner-Dinge gefehlt haben, obwohl man durchaus noch den Stil des Autors erkennen konnte. Jetzt ist das alles wieder dabei. Schade.
Ich hätte mehr erwartet. Mehr Schreibqualität. Mehr Albtraumsammler. Mehr Finn Cranston. Daher muss ich nun wieder wieder auf

:baff: :baff: :baff: :baff: :baff: (4,5 von 10 Amuletten) runtergehen.