Nach der Weihnachtskurzgeschichte im GK wollte ich Andreas Brauner mal eine Chance geben. Hat mich echt in den Fingern gejuckt, wie es mir bei einem „richtigen“ Heftroman gefällt.
Andreas Brauner ist ein gemütlicher Alltagskerl. Übergewichtig, nerdig und arbeitet wenig spannend im Callcenter. Kein typischer Geisterjäger. Sein Bruder Martin ist gerade billig an ein Eigenheim im Schlatt bekommen. Ah, da wird es direkt Wienerisch. Das Telefonat der beiden wird etwas peinlich, weil Andreas sich spontan ein Kinodate mit einer Frau ausdenken muss. Die soll er Martin dann mal vorstellen, Scheiße. Andreas reitet sich immer weiter in Schwierigkeiten und weil das Telefonat in seinem Großraumbüro stattfindet, blamiert er sich auch noch vor den Kollegen.
Diese ersten Seiten sollen dem Leser einen sympathischen tollpatschigen Normalo mit vielen Macken nahebringen. Mir ist das eher unangenehm, mit Fremdscham-Momenten kann man mich sofort triggern.
Andreas hat natürlich kein Kinodate mit einer Frau, sondern mit seinem Kumpel Felix. Die beiden schauen den Marvelfilm Black Widow. Aha. Im Haus von Martin findet die Einweihungsfeier ohne Andreas statt, dafür mit den Eltern und Schwiegereltern. Martin ruft am nächsten Tag Andreas an und der redet sich wegen seinem erlogenen Kinodate weiter in die Scheiße. Und Martin ist etwas ungehalten, weil seine Mutter Andreas erzählt hat, dass in dem Haus jemand gestorben ist. Der nerdige Andreas ist ziemlich abergläubisch und beschäftigt sich mit solchem Fantasykram, also springt er direkt darauf an.
Im Haus ereignen sich dann wirklich seltsame Dinge. Martin hört kurz Schritte. Sein Sohn David spricht von einem Mann aus dem Keller. Also holt Martin sich doch ein paar Tipps von seinem Bruder. Als Gruselheftleser weiß man schließlich genau, wie man böse Geister loswird. Die Ratschläge helfen nicht so wirklich. Es folgen Poltergeistereignisse. Zerspringende Lampen, herumfliegende Gegenstände. Da muss Andreas jetzt mal persönlich vorbeikommen und sich das ansehen. Der hat nur den üblichen Gruselfilm-Tipp. Wieder ausziehen! Sofort! Und wie man es aus den Klassikern kennt, wird das ignoriert. Man hat schon zu viel Geld und Mühe in das Haus gesteckt und so schlimm wird es mit dem Spuk schon nicht werden.
Puh, in der ersten Hefthälfte werde ich mit dem Serienhelden nicht warm. Er ist ein nerdiger Normalo mit Wohlstandsbauch und bewusst etwas Anderes als die fitten und selbstbewussten Geisterjäger. Da muss natürlich der Fall angepasst werden. Gegen Zombie, Werwolf oder Seebestie würde Andreas nicht bestehen. Es geht gemütlich zur Sache. Aber nicht urig. Ich hätte mehr Wiener Lokalkolorit erwartet. Dafür gibt es haufenweise Filmanspielungen, weil Andreas so ein Filmnerd ist. Bis jetzt ist das für mich alles sehr durchschnittlich und „catched“ mich noch nicht. Mal sehen, wie es weitergeht, wenn der Spuk schlimmer wird.
Überraschend stellt sich heraus, dass Felix gar nicht echt ist. Er ist ein imaginärer Freund von Andreas. Oder ist er am Ende ein Geist, den nur er sehen kann? Scheint so ein Thema in der Serie zu sein, aber dafür müsste ich die Weihnachtskurzgeschichte spoilern.
Außerdem schaut sich eine esoterische Madame Zelda das Spukhaus an. Nein, nicht wie aus der Videospielereihe. Hier gibt es nur Filmanspielungen, also sieht sie wie Zelda Rubinstein aus dem Poltergeist-Film aus. Sie spürt nicht nur Felix, sondern auch haufenweise Geister im Haus. Und einen Succubus. Der hatte Andreas letzte Nacht fast zum Samenerguss gebracht, bis Felix ihn verscheuchte. Ja, das sind die Dinge, mit denen der Held dieser Subserie konfrontiert wird. Aber wie gesagt, es passt. Was Gefährlicheres würde dieser Protagonist nicht überleben. Vielleicht speckt er in den kommenden Romanen ab oder legt sich „echtes“ Monsterwissen zu, das nicht aus Gruselfilmen stammt.
Der Ursprung des Bösen steckt natürlich ganz klassisch im Keller des Hauses. Als Zelda wieder fort ist, untersuchen die Brüder den Keller und werden vom Succubus angegriffen. Da eilt Felix zur Hilfe und vertreibt oder vernichtet den notgeilen Katzendämon. Vielleicht ist er eher ein Schutzengel und kein normaler Geist? Schließlich finden sie die obligatorisch eingemauerte Frauenleiche und beenden damit den Spuk.
In der zweiten Hefthälfte bin ich schon wärmer mit dem Serienhelden geworden. Trotzdem wird Andreas Brauner nie mein Lieblingsgeisterjäger sein. Michael Blihall hat ihn bewusst als Normalo geschrieben. Oder so wie der typische Heftromankonsument nach dem Klischee ist? Ein übergewichtiger Nerd ohne Erfolg bei den Frauen. Nicht mit den besten Social Skills beschenkt, aber dafür mit umso mehr Filmwissen. Und er hat seinen unsichtbaren Geisterfreund oder Schutzengel Felix, der nicht unwesentlich zur Lösung des Falles beiträgt. Was es mit Felix genau auf sich hat, wird die kommenden Fälle bestimmt noch aufgedeckt.
So ein gemütlicher Alltags-Protagonist darf natürlich nicht überfordert werden, wenn er seinen ersten Fall überleben will. Also bleibt es bei harmlosen Poltergeistphänomenen und einem aufgebrachten Sexdämon als Finalgegner. Gegen den Andraes Brauner keine Chance hat, darum muss sich Felix kümmern. Ganz ehrlich, zwar steht Andreas Brauner im Zentrum des Romans, aber wenn man nach der Definition geht, ist Felix der eigentliche Geisterjäger. Er kümmert sich um das Monster und rettet Andreas mehrmals das Leben. Andreas hat dafür Wissen aus Gruselfilmklassikern das mal zufällig wirkt und mal Hollywoodblödsinn ist.
Diese Subserie hat ihre besondere Zielgruppe. Zu der ich definitiv nicht gehöre. Ich kann mir vorstellen, entweder man steht voll auf den „einer von uns“ Normaloprotagonisten oder man kann wenig damit anfangen. Ich brauche zwar keine Macho-Supermänner als Serienhelden, aber körperlich fit und selbstbewusst sollte man schon sein. Ich brauche keine Gruselreihe mit mir selbst als Helden.
Positiv aufgefallen ist mir das Fehlen von allzu urigem Lokalkolorit. Die Schreibe ist zwar bodenständig simpel und man merkt dass der Roman in der Region Wien spielt, aber ich hätte es mir wesentlich schlimmer vorgestellt, nach der Weihnachtsgeschichte.
Die ganzen Verweise auf Filme und haufenweise im Roman unterbrachten Filmtitel sind für Freunde solcher „Insider“ natürlich schön. Da könnte man richtig Bingo spielen. Mir hat das nichts gegeben, aber es stört auch nicht. Mal sehen, wie extrem Andreas Brauner seinen inneren Filmnerd in den Folgebänden raushängen lässt.
Ja, ich bin nicht die Zielgruppe dieser Subserie und sympathisiere nicht mit dem Haupthelden, aber sie hat was. Ich und Andreas Brauner werden keine Freunde mehr. Aber vielleicht ich und die Welt, in der sie Serie spielt. Ich bin niemand, dem die Serienhelden gefallen müssen, damit ich Spaß daran habe. Manchmal fiebere ich eher mit den Gegenspielern mit oder genieße einfach das Setting. Das Abenteuer an sich war durchaus solide.
So ist es am Ende nur eine MITTELmäßige Wertung von mir

:baff: :baff: :baff: :baff: (6 von 10 Totenköpfen), aber ich werde mir den nächsten Brauner-Band definitiv noch kaufen.