Alles beginnt bei Helen Wheeler mit schlimmen Kopfschmerzen und einer Überempfindlichkeit der Sinne. Schließlich folgen Halluzinationen und ihr toter Ex steht auf einmal bei ihr in der Wohnung. Er attackiert sie. Diese Auseinandersetzung endet in einem Tatort für das Geisterjägerduo von der Spezialabteilung. Ein seltsamer Fall, denn Helen Wheeler trägt Szenen mit ihrem Ex auf der Haut, wie magische Tätowierungen. Die Ermittlungsarbeit bleibt normal. Tatortuntersuchung, Leichenschau, Zeugenbefragungen. Verbunden mit ein wenig Heftromanzufall, tastet man sich zur Quelle des Übels voran.
Toby Lewis irrt schon ohne Erinnerungen durch eine seltsame Dimension, wo immer wieder Erinnerungsfetzen aufflammen. Mit einem Ritual wollte er Sinayra beschwören und ihre Magie für seine Zwecke einsetzen, was nicht so gut für ihn endete. Schließlich erfährt er, dass er im Koma liegt und sein Geist in Sinayras Reich gefangen ist. Sie hat eine Aufgabe für ihn. Er soll sich an seiner Ex rächen, die ihn vergessen hat. Die Göttin des Vergessens mag es offenbar gar nicht, dass Menschen andere Menschen vergessen. Sinayra wurde zur Abwechslung mal als neutrale Göttin eingeführt. Anders als die meisten gnadenlosen Götter in JS. Wie sie die vergesslichen Menschen später dann als „Abschaum“ bezeichnet, gefällt mir gar nicht. Ist sie am Ende doch nur eine typische böse Gegnerin der Woche? Außerdem müsste eine Göttin, deren Domäne das Vergessen der Sterblichen ist, doch wissen, dass die Menschen nichts dafür können. Vergessen gehört einfach aufgrund ihrer beschränkten Gehirne zur menschlichen Natur. Sie sollte mehr Verständnis dafür haben und eher Trauer oder Mitleid als Wut fühlen. In der zweiten Hefthälfte erwacht Toby Lewis aus dem Koma, um Sinayras Auftrag auszuführen.
John und Suko finden heraus, dass es in den letzten Monaten ähnliche Todesfälle gab, nur waren die Tätowierungen dort nicht so ausgeprägt. Haben sie es mit einem dämonischen Serienkiller zu tun? Die Spur führt zu einem Friedhof, wo sich die Gräber der Ex-Partner der Opfer befinden. Bei dieser Gemeinsamkeit muss man ansetzen. Soweit die logischen Ermittlungsarbeiten. Für die weitere Handlung greift Oliver Fröhlich dann leider auf das übertriebene JS-Bauchgefühl zurück. John findet, dass der Grabschmuck an den Gräbern irgendwie unpersönlich ist. Da steckt bestimmt eine Friedhofsgärtnerei dahinter. Zufällig hat John einen Mann im Rollator gesehen, der an einem der Gräber war. Vielleicht hat der sogar mit der Sache zu tun.
[COLOR=bbcf83]“Und weil dir das Gesteck zu popelig erscheint, bezweifelst du das plötzlich?“, wunderte sich Suko. „Ist das nicht etwas weit hergeholt? Vielleicht hatte er nicht genug Geld für mehr. Oder er kann das Grab in seinem Alter nicht mehr selbst pflegen.“[/COLOR] Sie begeben sich zu dem Grab, an dem der Fremde war und ahnen, dass der Partner der hier begrabenen Frau das nächste Ziel sein wird. Sorry, aber das ist doch Scheiße. Wie ich das JS-Bauchgefühl inzwischen hassen gelernt habe. Gerade weil der Roman bis hierin auf sowas verzichtet und auch Heftromanzufälle nur sehr sparsam genutzt werden. Der Autor legt John zwar notdürftig Worte in den Mund, um sich für seine Vermutung zu rechtfertigen, aber das überzeugt mich überhaupt nicht. Er versucht nur, sein unbegründetes Bauchgefühl vor Suko zu untermauern, damit der Ruhe gibt und mitspielt. Wir wissen ja, das JS-Bauchgefühl trifft immer knallhart ins Schwarze.
Ein Kritikpunkt an einem sonst tollen Roman. Hoffentlich bleibt es dabei und das letzte Heftdrittel bleibt so gut geschrieben. John hat natürlich Recht, der Fremde vom Friedhof ist Toby Lewis, der gerade sein nächstes Opfer ausgewählt hat. John und Suko beschatten es und können den Mord verhindern. Komisch nur, dass so ein abstraktes Wesen wie ein Pappmachee-Fotomonster vom Stab des Buddha betroffen ist. Außerdem lassen die Geisterjäger den Friedhof bewachen und als Toby Lewis dort wieder auftaucht, können sie ihn stellen. Schließlich offenbart Sinayra am Ende noch weitere Motive. Eine Göttin des Vergessens hat es im Zeitalter von Interneteinträgen und digitalen Fotogalerien schwer, da dauert es lange, bis jemand wirklich vergessen ist. Sie verlässt ihre Domäne und will fortan auf der Erde leben. Ich weiß nicht, ob Götter so einfach ihr „Aufgabengebiet“ verlassen können.
Erstmal eine kleine Nebenbemerkung. Die Figur des Eric Woolf hat mir als Sidekick mit einem Augenzwinkern sehr gefallen. Den hätte Oliver Fröhlich gern behalten können, wenn er unter dem alten Pseudonym nicht mehr schreibt. Naja, das hat sich zum Finale des Bandes leider erledigt.
Als Gegenspieler gibt es eine weitere Gottheit, da zeichnet sich was ab. Oder es ist einfach Zufall. Ich hätte mir hier gewünscht, dass Sinayra keine Gegenspielerin ist, sondern eher neutral und einfach ihr Ding durchzieht. Sie ist die Göttin des Vergessens. Dann sollte sie verstehen, dass es in der Natur des Menschen liegt, zu vergessen und sie nichts dafür können. Sie dafür zu bestrafen und zu töten ist mir zu platt. Am Ende lässt sie ihre sterbende Welt hinter sich und betritt die Erde, wir werden sie also wieder sehen. Mal sehen, wie sie sich entwickelt. Eine weitere bitterböse Pandora/Lilith/Morrigan brauche ich wirklich nicht.
Mir hat die erste Hälfte des Bandes deutlich besser gefallen, da hat sich Oliver Fröhlich einiges ausgedacht, abseits von ausgetretenen JS-Pfaden. Aufgelöst wurde es teilweise dann doch ziemlich klassisch. Eine böse Göttin, ihr mordender Diener und von ihm ferngesteuerte Monster. Bei dem Konzept des Vergessens und einer Göttin dazu, hätte der Autor gern metaphysischer oder philosophischer bleiben können.
Nach dem „Hotel der Verlorenen“ ist es der zweite Roman von Oliver Fröhlich, der etwas abstrakter geschrieben ist und den Leser geistig fordert, weil man die Handlung nicht vorausahnen kann. Bitte mehr davon! Auch wenn einige Auflösungen und das Finale nicht mit den interessanten Grundideen mithalten können und es eine ganz schlimme JS-Bauchgefühl-Szene gibt sind das für mich

:baff: (9 von 10 Kreuzen) und wieder ein TOP, verglichen mit dem, was JS aktuell sonst noch so an Geschichten liefert.
PS. Wieso wird hier ein Leserbrief an Altmeister Dark abgedruckt? Wäre das nicht besser in einem seiner Hefte gewesen, mit einer kurzen Antwort oder einem Dankeschön von ihm?
Original von Phexcaer
Am Ende werden sich dann wahrscheinlich die Geister scheiden, ob Johns Entscheidung die Gegnerin ziehen zu lassen weil ihm die Kosten persönlich zu hoch sind die er zahlen müsste, mit seiner Serien-Persona im Einklang ist oder nicht
Für mich absolut nachvollziehbar. Aber schon fies von Sinayra . Wie gesagt, das Finale hat sie mir als nachvollziehbare Göttin kaputt gemacht. Da war sie dann nur noch bitterböse, weil JS Gegner halt bitterböse sein müssen und der Leser klare Feinde braucht.