Cindy Rupert macht eine Therapie mit Psychopharmakavergabe. In einer Pension, deren Wirtin Elisabeth Frost wohl irgendwie auch Oberschwester ist oder so. Weil ihr die Wirtin unheimlich ist, haut sie eines Nachts ab.
Der Sohn der Wirtin, Matthew, geht zur Wahrsagerin Madame Altari, weil unheimliche Dinge in der Pension geschehen. Sie nimmt vor Ort die Schwingungen auf und ihr ist sofort klar, dass die Präsenz zu heikel für sie ist. Da muss der berühmte Geisterjäger John Sinclair her, den sie noch aus einem Uralt-Fall kennt.
In einem kleinen Kniff stellt sich direkt jetzt im ersten Drittel heraus, dass Elisabeth Frost als Geist herumspukt. Sie ist vor zwei Monaten gestorben. Der böse Geist wird sie aber wohl kaum sein und ihr ist auch nicht klar, dass sie tot ist.
[COLOR=bbcf83]“Wenn sie verstorben, aber nicht im Reich der Toten ist, dann hat das einen Grund. Etwas hält sie in der Zwischenwelt. Sie muss uns noch etwas mitteilen. Wenn sie ihre Aufgabe erledigt hat, wird sie erfahrungsgemäß von allein verschwinden.“[/COLOR] Die Seance verläuft soweit friedlich und nach Plan. Bis der böse Geist erscheint und das Gespenst von Elisabeth Frost vertreibt. Ein Geist, der ebenfalls wie die verstorbene Wirtin aussieht.
[COLOR=bbcf83]“Wenn jemand zu Lebzeiten an einer dissoziativen Identitätsstörung leidet und er sich Teilen seiner Persönlichkeit nicht bewusst ist, könnte sich die Seele nach dem Tod ebenfalls in zwei Teile aufspalten.“[/COLOR] Hoffentlich fährt man jetzt nicht zu sehr die psychologische Schiene wie bei Florian Hilleberg ständig. Für mich ist das auch unwahrscheinlich, dass die Seele/Essenz einer Person zu zwei eigenständigen Geistern wird, aber wenn die Paraexperten der Reihe das so fachsimpeln, bin ich mit der Erklärung zufrieden.
Bei einer zweiten Seance wird einiges klarer. Elisabeth Frost hatte offenbar eine gespaltene Persönlichkeit. Immer mal wieder sind Pensionsgäste heimlich abgereist, ohne zu zahlen. Wenn sie denn wirklich abgereist sind und nicht die böse Seite der Wirtin dahintersteckt. Dieses mal platzt ein dritter Geist in die Beschwörung.
[COLOR=bbcf83]Auch ohne die Schürze erkannte ich sofort, dass es sich um eine weitere Facette von Lisbeth handelte.[/COLOR]
In einer Vergangenheitsszene erfahren wir, dass manche Pensions-Patientinnen Matthew Frost ganz nett fanden und ihm nähergekommen sind. Sie landeten schließlich gefangen im Keller des Hauses. Mama hat das wohl gar nicht gefallen, das Klischee einer klammernden Mutter. Bevor sie mit der Wahrheit herausrücken kann, wird sie vom Böse-Geist unterbrochen, damit das Geheimnis gewahrt bleibt.
[COLOR=bbcf83]“Eine freundliche, das ist die Nebel-Lisbeth“, fasste ich zusammen. „Eine traurige, die Gischt-Lisbeth. Und die wütende aus Asche, die offenbar um jeden Preis etwas geheim halten will.“ Entschlossenheit trat in Madame Altaris Miene. „Und genau dieses Geheimnis sollten wir lüften!“[/COLOR]
Man durchsucht den Dachboden nach Hinweisen, ohne Erfolg. Aber einer der Geister gibt ihnen einen Hinweis und macht sie auf einen Armreif von Cindy Rupert aufmerksam, die im Prolog „abgehauen“ ist.
In einer kleinen sicher total belanglosen Nebenszene spricht Matthew Frost mit einem Handwerker. Er will den Keller betonieren lassen. Und zuvor war er irgendwie zu stark daran interessiert, dass seine Mutter ins Jenseits gelangt. Bevor ihr Nebel-Geist ein Geheimnis ausplaudert? Kann es sein, dass nicht nur Mama eine psychische Erkrankung hat, sondern auch ihr Sohn? Dass der Bösewicht hier jemand ist, mit dem man gar nicht rechnet? Mit diesem Rätsel um die wahren Hintergründe macht das Heft schon mal viel Spaß und überdeckt kleinere Kritikpunkte. Jetzt muss nur die Auflösung passen.
Ich sehe Matthew jedenfalls ab jetzt mit anderen Augen und hinterfrage seine Motivation. John und Madame Altari erfahren, dass Cindy als vermisst gemeldet wurde und nie wieder aufgetaucht ist. Wenig überraschend. Also durchsucht man weiter die Pension. Als nächstes ist der Keller dran, wo man auch nichts findet. John wird nur durch ein Geräusch aufgeschreckt und macht versehentlich mit dem Handy ein Foto von einer sicher total belanglosen Holzwand. War sicher kein Heftromanzufall und das Foto wird später noch total wichtig.
[COLOR=bbcf83]“Bevor wir das ganze Haus noch mal auf den Kopf stellen, sollten wir es mit einer weiteren Séance versuchen.“[/COLOR] Wieder platzt Asche-Lisbeth dazwischen, bevor die anderen Geister alles erzählen können. So wird das nichts. Dann fährt Asche-Lisbeth auch noch in Madame Altari, um sie zu killen. Und Wolken-Lisbeth hinterher, um das zu verhindern. Ein Kampf entbrennt im Körper der Wahrsagerin, den der gute Geist zum Glück gewinnt. Und er zeigt John direkt eine hilfreiche Vision.
[COLOR=bbcf83]Denn in dem Augenblick, als ich sie berührte, packte mich ein Sturm aus Bildern und riss mich mit sich …[/COLOR] Endlich erfährt der Geisterjäger die grausige Wahrheit.
Es begann schon alles mit Matthews Vater Archie. Ein gewalttätiger Säufer, das übliche. Der gerne mal junge Mädchen mit seinem Hammer totschlägt. Elisabeth Frost hilft ihrem Mann, die Morde zu vertuschen. Und durch das (wie beim modernen JS üblich) extrem krasse psychische Trauma spaltet sich ihre Persönlichkeit auf, um damit zurecht zu kommen. Als Archie später an einem Gehirntumor stirbt ist sie froh, dass es endlich vorbei ist. Denkste! Nicht beim Familiendrama-JS. Ihr geliebter Sohn trägt die gleiche Dunkelheit in sich wie ihr Mann. Elisabeths eh schon geschundene Seele zerbricht weiter, um das zu ertragen. Und weil das nicht genug ist, macht sie sich natürlich selbst totale Vorwürfe. Hätte sie ihren Mann nicht gedeckt, sondern angezeigt, wäre ihr Sohn vielleicht von diesem Erbe verschont geblieben. Wie man es vom modernen JS kennt, es muss alles richtig schlimm und tragisch sein. Und als Elisabeth dann nach Jahren doch aufbegehrt, killt ihr Sohn sie.
Währenddessen hat sich Matthew Frost abgesetzt. Die ganze Zeit hat er im Haus eine junge Frau versteckt gehalten, sein neustes Opfer. Sie soll nun sterben, bevor man ihm auf die Schliche kommt. Er hat nicht damit gerechnet, dass John und Madame Altari doch hinter sein Geheimnis kommen. Wieder kämpfen die Geister gegeneinander, weil sie unterschiedliche Meinungen dazu haben. Der Lärm des „Tornado-Geist“ weist den Helden den Weg, damit der Roman doch noch zu einem kleinen Happy End kommt. John erreicht die Szene in letzter Sekunde und kann eingreifen. Mit der Kreuzformel macht er kurzen Prozess, aber der dreigeteilte Geist hat seine Ruhe verdient. Und der Killer Matthew? Der streitet sich kurz zuvor mit seiner Geist-Mutter und wird wohl dabei getötet. So klar ist das nicht beschrieben.
[COLOR=bbcf83]Der Geist griff mit beiden Händen durch Matthews Rippen. Zunächst riss er überrascht die Augen auf, dann verzog sich sein Gesicht zu einer Fratze der Qual.[/COLOR] Wenigstens wurde der Serienmörder aufgehalten.
[COLOR=bbcf83]Währenddessen suchte die Polizei in dem Kriechkeller nach Leichen. Insgesamt fand man siebzehn, das älteste Opfer war gerade einmal sechsundzwanzig Jahre alt geworden.[/COLOR] Das ist schon ein hartes Stück.
So, damit habe ich meinen Leserückstand doch noch vor 2024 aufgeholt. Bei JS, dafür mussten der Dämonenkiller und einige Gespenster-Krimis zurückstecken. Ich möchte für das nächste Jahr auch einen Wunsch äußern, der sicher nicht in Erfüllung gehen wird. Aber man darf ja noch träumen. 2023 darf gern das Jahr der „tragischen Familiendrama-Psychostörungen Romane“ gewesen sein und 2024 wird das bei JS nicht mehr so krass. Hier haben wir auch wieder so einen. Bis zum letzten Drittel hat es sich noch in Maßen gehalten, mit der Enthüllung der kompletten Hintergrundgeschichte wurde es schon wieder extrem. Eine total kaputte Familie, zerstörte Seelen und daraus folgende Psychotraumata. Hat nur noch Inzest, allgemeine Vergewaltigungen oder Pädophilie gefehlt. Von Florian Hilleberg bin ich das gewohnt. Dieses Jahr musste Rafael Marques leider nachziehen und auch einige der Co-Autoren.
Zurück zum Roman. Mich würde echt interessieren, wer von den beiden Autoren welche Passagen geschrieben hat. Einige Dinge sind ziemlich deutlich. Nebel-Lisbeth, Gischt-Lisbeth und Asche-Lisbeth klingt nach Marie Erikson. Oder die ganzen Gedanken zur Fernsehserie Supernatural. Welche Staffel eine Nebenfigur gerade schaut, welcher Subplot ihr am meisten gefällt, wie ihre Fernsehhelden in Situationen reagieren würden. Der Anfang des Romans hat sich echt wie eine Fan Fiction und nicht wie ein guter JS angefühlt. Nicht böse gemeint, aber da bin ich sehr froh, dass Oliver Fröhlich mitgemischt hat. Der dann sicher für die ernsteren Abschnitte zuständig war. Das darf gern so bleiben. Ich mag den zu vordergründigen Humor von Marie Erikson einfach nicht und ihre „lockere klamaukige“ Schreibe.
Das Mysterium der Woche habe ich dank genügend kleiner Hinweise schnell durchschaut. Zumindest wird es logisch und nicht zu abgedreht aufgelöst. Das ist mir lieber, als ein total übertriebener schockierender Plottwist am Ende, den keiner hat kommen sehen. Nur eine Stufe weniger dramatisch hätte es wie gesagt sein können.
Alles in Allem ein netter JS der Woche, bei dem Autorenduo habe ich mir genau das erhofft. GUTe

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