Seymour Scott ist Experte für das alte Babylon und antike Keilschrift. Aber auch Liebhaber von Escortgirls. Da hat Lilith es leicht, eine ihre Dienerinnen einzuschmuggeln, ihn zu killen und seine Bude anzuzünden.
Für die Geisterjäger sollte er mehr über Liliths vier Hurenengel und ihre Zikkurats herausfinden. Sein Mord erreicht natürlich ziemlich schnell Suko in der Spezialabteilung.
[COLOR=bbcf83]“Und ich glaube nicht, dass das ein Zufall ist“, fügte Suko hinzu. „Noch weniger vor dem Hintergrund, das John nach Rom geflogen ist“[/COLOR] Nutzt Lilith geschickt die Abwesenheit des Geisterjägers, um in London ihre Pläne voranzutreiben? Zusammen mit Tanner recherchiert Suko ein wenig und tatsächlich, eine zweite Expertin ist vor wenigen Tagen erst bei einem Wohnungsbrand ums Leben gekommen.
Bei Seymour Scott kommt man auf die Escort-Mädchen und grenzt die infrage kommenden Agenturen ein. Eine fällt dabei besonders auf.
[COLOR=bbcf83]“Töchter des Kain“, las Suko vor. „Ich meine ja nur. Wegen Zweitstromland, Wiege der Menschheit, und so“, fügte Tanner hinzu.[/COLOR] Ja, das passt. Durch passende Zufälle der letzten Hilleberg-Abenteuer und ein wahnsinnig gutes Gedächtnis der Helden zieht man die Schlüsse zu einer Naema, die in der hebräischen Bibel als Tochter des Kain bezeichnet wurde. Außerdem wurden die Frauen, die von Naema zur bösen Tanz-Verführung animiert wurden, im arabischen als Töchter des Kain bezeichnet. Puh, das ist mir jetzt schon wieder etwas zu viel. Was da alles perfekt zusammenpasst und welche Verknüpfungen es gibt.
Suko und Tanner statten der Agentur einen Besuch ab und werden auch ohne Termin für ein Gespräch reingelassen, wie nett. Sie erfahren immerhin den Name der Frau, mit der Seymour Scott vor seinem Tod ein Date hatte.
[COLOR=bbcf83]“Ist dir an dem Namen wirklich nichts aufgefallen?“ „Außer, dass die Dame auffallende Ähnlichkeit mit einem Modell gleichen Namens hat?“ „Scherzkeks. Naema, Naomi? Klingelt es da nicht bei dir?“ „Du siehst Gespenster.“ „Das ist mein Job.“[/COLOR] Diese Naomi ist ihr nächster Anlaufpunkt. Bei ihr kommen sie auch nicht weiter. Überall nur Vermutungen und Bauchgefühle, keine Beweise. Ein Durchsuchungsbeschluss muss her!
Glenda und Bill recherchieren währenddessen im Hintergrund. Die noch lebenden Babylon-Experten von Johns Liste werden in ein Safehouse gebracht und mögliche weitere Opfer werden ergänzt. Professor Konrad Morris hat es leider auch erwischt, er wurde in Säure aufgelöst. Den müssen die Polizisten nicht mehr in Sicherheit bringen. Wenigstens wurde sein Haus nicht abgefackelt, vielleicht finden Suko und Tanner hier Hinweise. Außerdem gibt es da noch eine alte Lady Estelle Stockard, die sich weigert, ihr Haus zu verlassen. Zwingen kann man sie nicht, da wäre sie doch als Köder für Liliths Killer brauchbar?
[COLOR=bbcf83]“Sollten wir es tatsächlich mit einem Killer zu tun haben, der nacheinander die Keilschrift-Experten und Koryphäen des alten Babylon ausrotten will, sollten wir ihm vielleicht nicht alle Ziele vor der Nase wegschnappen.“ „Haben Sie mir gerade vorgeschlagen, die alte Dame als Köder zu benutzen?“ „Ich würde den Begriff Lockvogel vorziehen.“[/COLOR] Reichlich pragmatisch von Suko, aber irgendwas ist an der Idee dran.
Für die zweite Hälfte des Romans ist John mit seinem Fall in Rom fertig und kann mit anpacken. Das heißt, wenn er seinen Flieger erwischt und in London eingetroffen ist.
[COLOR=bbcf83]“Das gefällt mir alles nicht. Gehen wir mal davon aus, dass Lilith nur eine neue Vollstreckerin hat. Dann müssen wir damit rechnen, dass sie noch in Rom ist und womöglich nur darauf wartet, dass ich abdüse, um weiter aufzuräumen.“[/COLOR] Oh! Dann halt nicht, muss der Rest des Sinclair-Stammteams eben weiterhin allein klarkommen. Auch hier wieder: Ungewöhnliche für JS, aber durchaus nachvollziehbar. Kurz bleiben wir noch beim Geisterjäger in Rom. Ignatius macht sich wegen den Ereignissen des letzten Bandes wahnsinnige Selbstvorwürfe und John beruhigt ihn. John selbst ist dank Florian Hilleberg ja inzwischen Experte in Selbstvorwürfen und depressiven Gedanken erlittener Niederlagen.
Da muss Suko also allein Lady Estelle und ihre Tochter besuchen, um die Sache mit dem Lockvogel zu klären. Von ihr erfährt Suko aber erstmal, dass es eine wichtige Abschrift zu den Hurenengeln und Zikkurats gibt. Die hat damals niemand geringeres ersteigert als Lady Sarah Goldwyn. Und andere Details bekommt er auch erklärt. Jetzt drückt Florian Hilleberg nochmal ordentlich auf’s Gas. Leider. Naja, er muss wohl seinen superepischen superweitreichenden superverzweigten Jubiläums-Vierteiler vorbereiten. Schocks gibt es auch, denn Lady Estelle ist eine Dienerin Liliths.
[COLOR=bbcf83]Schon als dieser Conolly mit Sinclair bei ihr vorstellig geworden war, hatte sie gewusst, dass es Ärger geben würde, hatte aber auf den Schutz der Großen Mutter vertraut. Doch der Chinese hatte offenbar Blut geleckt. Das konnte ins Auge gehen, wenn sie nicht achtgab.[/COLOR] Die Geisterjäger sind inzwischen selbst misstrauisch geworden und langsam fügt sich alles zusammen. Die Lady hat ihren Nachname geändert und hieß vorher Fronton. Genau so wie der Inhaber der Escortagentur.
[COLOR=bbcf83]“Sonst noch was?“ „Eine ganze Menge.“[/COLOR] Zum Beispiel hat sie Mädchen aus einem ganz besonderen Waisenhaus adoptiert. Das aus JS 2264, aus dem auch Marylin Greys Mutter stammt und in dem Marylin verweilte, bis Ennoia in ihr erwachte.
Eine von Liliths Vollstreckerinnen will Lady Estelle aus dem Weg räumen. Die überwindet die Überraschung schnell und holt einen Revolver hervor. Drei Dinge passieren zeitgleich. Lady Estelle schießt auf die Killerin, die Killerin schleudert ihre Machete auf Lady Estelle, die Türklingel wird von Suko betätigt, der die Lady nochmal zur Rede stellen will. Mittlerweile sein dritter Besuch hier.
Und je mehr Florian Hilleberg dem Leser auftischt, desto weniger Spaß habe ich dem Roman. Jetzt ist schon wieder alles so episch. Schockierende Enthüllungen am laufenden Band, actiongeladene Szenen wo alles gleichzeitig und in Sekundenknappheit geschieht. Nach dem letzten Band in Rom und bis zur zweiten Hälfte dieses Romans hatte ich noch die Hoffnung, dass ich mein Hillebergproblem überwunden habe. Aber gerade habe ich das unschöne Gefühl, mich durch die letzten 20 Seiten kämpfen zu müssen. Es ist gerade bei so einem mit Infos und sich überschlagenden Ereignissen vollgestopften Roman extrem hinderlich, wenn man ihn eher desmotiviert fortsetzt.
Deshalb habe ich das Heft an der Stelle auch lange liegen lassen. Ganze zwei Wochen. Jetzt ackere ich mich schnell durch den Rest. John fliegt jetzt doch nach London, um Suko und Tanner zu unterstützen.
[COLOR=bbcf83]“Donnerwetter, hier war ja einiges los.“ „Du machst dir ja keine Vorstellungen, mein Lieber.“[/COLOR] Die Geisterjäger haben Lady Stockard vor der Killerin gerettet und fahren am nächsten Tag mit John zum erneuten Mal zu ihr, um sie auszufragen. Lady Stockard ahnt nicht, dass sie wissen, dass auch sie eine Dienerin der Lilith ist. Da sie durch ihre ganzen Vermutungen und Infos der Heftromanzufälle genau ins Schwarze treffen, gibt die Lady alles brav zu und bestätigt es ihnen. Als sie zu viel auspacken will, kommt im perfekten Timing eine Tränengasgranate durchs Fenster gescheppert.
[COLOR=bbcf83]Im selben Moment brach die Hölle los und entließ ihre Furien.[/COLOR] Gleich drei Vollstreckerinnen stürmen das Haus mit Gasmasken. Sie killen die Lady, während John und Suko nur hustend und würgend zuschauen können. Die ausgeknockten Helden lassen sie natürlich am Leben, denn sie werden ja noch für „irgendetwas“ gebraucht. John fühlt sich mal wieder von der Gegenseite „gedemütigt“.
In einem Epilog stellt sich noch mehr oder weniger überraschend heraus, dass gerade die unscheinbare und schüchterne Tochter der alten Lady Stockard, die sie pflegte und scheinbar voll unter ihrem Pantoffel stand, ebenfalls eine Lilith-Dienerin ist und die ganze Zeit mit der Gegenseite zusammenarbeitete. Das Motto „von der hätte man es ja am allerwenigsten erwartet“ hat vielleicht vor Jahrzehnten in Schwarzweiß-Krimis funktioniert, mich reißt es nicht vom Hocker. Auch weil es bei Florian Hillberg ständig die unterdrückten Mauerblümchen sind, die sich emanzipieren und ihre selbstbestimmende (dunkle) Seite entdecken. Linda ist längst nicht die erste Lilith-Dienerin mit diesem Hintergrund und sie wird bei Florian Hilleberg auch nicht die letzte bleiben.
Durch die extrem lange Lesepause fällt mir eine gute Begründung der Wertung schwerer, aber nicht zu schwer. Das letzte Drittel der Geschichte hat nochmal alles drin, was mir an diesem Abenteuer nicht gefallen hat. Kurz gesagt, es ist wieder „von allem zu viel“. Action, schockierende Wendungen, Heftromantiming, Verknüpfungen und Informationen, demütigende Niederlagen der Helden. Und natürlich explizite Gewaltszenen. Die erste Hälfte war aber in vielen dieser Punkte noch gut, weil in verträglichem Maße. Auch als „Hilleberg JS“ schafft es der Roman bei mir nicht über ein MITTEL.

:baff: :baff: :baff: :baff: (6 von 10 Kreuzen)