Dorian Hunter hat sein Gedächtnis verloren. So scheint es zumindest. Durch den Teasertext denke ich eher an eine andere Auflösung. Die einige Logiklücken aufwerfen würde. Aber mal schauen. Auf jeden Fall ist das ein starkes Stück und seine versammelten Freunde sind ziemlich überfordert. Davenport wollte wohl das ganze Ensemble dabei haben. Deshalb treffen an diesem Tag zufällig auch noch Jeff Parker mit seiner Freundin Sacheen ein.
Gleichzeitig beschatten zwei Privatdetektive einen Architekten, der sich laut seiner Frau ebenfalls sehr seltsam und verändert benimmt. Diese Arbeit liest sich schon ziemlich angestaubt und klischeehaft. Wie aus einem sehr alten TV-Krimi. Aber wegen so einer Nebenhandlung lese ich ja keinen Dämonenkiller, das ist vernachlässigbar. Der Architekt ist mit einigen Kollegen in die Kreise der Schwarzen Familie geraten. Sie sollen etwas bauen.
Die nervige Beziehungssache geht währenddessen weiter. Zwar will Lilian sich scheiden lassen, aber ausgerechnet jetzt hat ihr Gatte sein Gedächtnis verloren. Während sie Marvin Cohen ihr Herz ausschüttet, will der Kerl sie am liebsten flachlegen. Lilian findet das natürlich gar nicht gut.
Cohen fuhr sich über die Lippen und nickte. Mühsam unterdrückte er sein Verlangen. Armer Cohen, das Quotenarschloch. Ich mag ihn ja, aber ich nehme auch solche Stellen nicht ernst.
Jedenfalls erinnert sich Hunter langsam wieder...daran, dass er eigentlich der Architekt Ronald Chasen ist. Mhh, steckt dann der echte Dorian im Körper von Chasen? Zeitlich passt das nicht zusammen. Es müsste sich eher um eine leere Hülle handeln. Mal schauen, wie Davenport das auflöst. Seine Freunde rätseln indes weiter.
Endlich vereinen sich die beiden Handlungen und die Dämonenkiller kommen der Werwolfs-Familie auf die Spur. Wie nett, dass sie ihr Anwesen rein magisch gesichert haben und nicht durch herkömmliche Mittel. So kann Cohen sich mit entsprechenden Gegenmitteln einfach Zugang verschaffen. Mit dabei ist einer der Privatdetektive. Warum müssen Heftromanhelden immer neugierige Zivilisten in Gefahr bringen? Und schlimmer noch, auch Ronald Chasen im Körper von Dorian betritt das Grundstück. Wenn dem irgendwas passiert – es muss nur ein dummer Unfall sein – dann war es das. Ich hätte den ja gehütet wie eine Henne ihr Ei.
Zum Glück haben die Dämonen ihre Freudenmädchen nur in Trance versetzt und nicht getötet, als sie weiter gezogen sind. Naja, irgendeinen Aufhänger braucht man wohl und solche Stichwortgeber-Figuren sind immer ein einfaches und schnelles Mittel. Es sind noch weitere Architekten mit den Dämonen nach Honolulu aufgebrochen. Vielleicht auch Körperwechsel-Kandidaten. Doch wer steckt in ihnen? Mit dieser spannenden Frage geht es in eine kleine Lesepause. Bei Dorian Hunter schaffe ich irgendwie gerade kein Abenteuer am Stück zum Feierabend mehr. Aber das ist ja nicht schlimm.
In der zweiten Hälfte schaltet die Handlung zu Dorian und dem erwarteten Persönlichkeitstausch. So gibt es auch die ersten Fragen bei mir. Wenn Dorian im Körper von Chasen erst voranging dessen Erinnerungen hatte und eher ein Beifahrer war, wieso ging es Chasen in Dorians Körper dann nicht genau so? Wenn Dorian jetzt volle Kontrolle, aber sämtliche Erinnerungen von Chasen hat. Wieso ergeht es Chasen im Körper von Dorian dann nicht ebenso? Und eine noch wichtigere Frage ist ebenfalls offen. Mal sehen, ob sie noch beantwortet wird.
Olivaro ist ebenfalls auf dem Atoll. Die Architekten sollen hier etwas für ihn bauen. Nicht etwa eine magische Wunderwaffe oder dergleichen. Er will einfach seine schwangere Coco beeindrucken. Ihr Kind soll am liebsten sofort sterben, aber Coco weigert sich.
“Ich werde das Kind zur Welt bringen.“ „Das kommt nicht in Frage!“, schrie Olivaro wutschnaubend. Was? Im letzten Band meinte Olivaro noch, dass Coco das Kind unbedingt gebären muss und man es irgendwelchen Regeln des Bösen zufolge erst dann töten darf. Was stimmt denn nun?
Und zu meiner drängendsten Frage, auf die der gesamte erste Abschnitt des Romans in London aufbaut:
Lilian und meinen Gefährten sagte ich nichts von meiner Zusammenkunft mit den Dämonen. Tja. Das ist mir inzwischen auch klar. Aber wieso nicht? Wieso nicht wenigstens einen Vertrauten einweihen? Das ist nicht nur riskant, das ist furchtbar dämlich. Zu dämlich, auch für einen rücksichtslosen Dämonenkiller, der stoisch sein Ding durchzieht. Irgendwie ist das Ding dann auch kein „Persönlichkeitstausch“ mehr, wie erst behauptet. Sondern eher eine Persönlichkeitsverschmelzung, wobei Dorian das Ich von Ronald Chasen überlagert. Wirklich nette Idee der Autoren, um Dorian in die Nähe seines Feindes zu bringen. Die Feinheiten sind aber nicht makellos ausgearbeitet.
Und dann hat der Dämonenkiller noch ein anderes Problem. Als er in Chasens Körper bei den Dämonen war, haben sie ihn und seine Kollegen in Werwölfe verwandelt. Gut, das haben ihm die Oppositionsdämonen nicht verschwiegen. Es war ein Faktor, den niemand hätte einberechnen können. Wobei, wieso wussten die Oppositionsdämonen nicht, dass der Clan aus Werwölfen besteht? Naja. Auch die anderen Architekten wurden verwandelt und gehen ihren Trieben nach, während Dorian versucht, sich zu zügeln. Schließlich hält er es nicht mehr aus und will eine junge Frau reißen. Wie sich heraus stellt ist es ausgerechnet Coco. Was für ein riesiger Zufall! War das so denn nötig? So kann er sich ihr offenbaren. In einem Cliffhanger verliert er dann die Kontrolle und fällt Coco an.
In London ist man endgültig in eine Sackgasse geraten. Und wer muss da jedes mal aushelfen, wenn die Autoren es sich kinderleicht machen wollen?
“Phillip benimmt sich ziemlich seltsam.“ Und was heißt das im Detail? Dass er vor einer Südseekarte steht und
Seine Hand näherte sich der Karte. Blitzschnell malte er mit dem Kugelschreiber ein kleines Kreuz auf die Karte. Also wirklich! So sehr ich Cohen trotz dem aufgedrückten Stempel mag, so sehr hasse ich mittlerweile Phillip. Kurz vor Ende muss man die Situation schnell auflösen, also zeigt die Deus Ex Machina der Reihe den Helden einfach punktgenau, wo sie hin müssen. Mittlerweile habe ich auch keine Frustrationstoleranz mehr bei dem Hermaphrodit.
Aber das erledigt sich vielleicht von selbst. Olivaro hat alles mitgehört, weil er zum richtigen Zeitpunkt an der Tür stand. Noch so ein Heftromanzufall. Bevor er Dorian foltern oder opfern kann, greift eine Dämonin ihn an und tötet ihn in dem fremden Werwolfskörper. Und was passiert jetzt mit Dorians Geist? Dafür gibt es eine einfache Regel.
Wenn sich Dorians Körper nicht in einem Umkreis von etwa hundert Kilometern befunden hatte, könnte das Schreckliche geschehen sein. Normalerweise wäre er das jetzt, nämlich weit entfernt in London. Doch dank Plothelfer Phillip und dem passenden Heftromantiming sind sie jetzt mit Ronald Chasen in Dorians Körper im Anflug auf das Atoll. Tja, man muss es sich nur zurechtschreibeln, dann ist nichts unmöglich. So kehrt Dorian in seinen Körper zurück und tötet damit den Geist des Architekten. Und wo wir schon dabei sind, ins billigste Gruselheftniveau abzurutschen, kann man damit auch gleich das Abenteuer beenden. Coco hat nämlich einen wichtigen Ort erwähnt, an den die Gruppe als nächstes muss.
So richtig zufrieden bin ich mit dem Roman nicht. Toll erzählt, wie gewohnt von Davenport. Aber es gibt zu viele Logiklöcher. Besonders was diesen Persönlichkeitstausch betrifft und warum Dorian das Ding alleine durchgezogen hat. Ich hoffte auf eine kurze Erklärung dazu. Mehr will ich ja gar nicht. Das Argument, dass Dorian eben Einzelkämpfer und Egoist ist, lasse ich an dieser Stelle nicht gelten. Und zum Finale werden mir entschieden zu viele schlechte Schreibmittel benutzt. So kenne ich Davenport gar nicht. Heftromantiming gepaart mit dem elenden Phillip. Nichts gegen die interessante Figur. Aber so schamlos wie er von den Autoren benutzt wird, hoffe ich darauf, dass er bald abkratzt. Muss man so sagen.
Knappe

:baff: :baff: :baff: (7 von 10 Freaks) Obwohl ich persönlich gern weniger gegeben hätte. Sehr gut geschrieben, aber nicht auf diesem hohen Erzählerischen Niveau, das Dämonenkiller normalerweise für mich ausmacht. Alleine der Einsatz von Phillip hat mich einfach nur sauer gemacht. So schnell kann man einen schönen Lesefluss mit Spaß am Geschehen kaputtmachen. Zumindest mir.