Gut, die übliche 1:1 Umsetzung des Coverbildes haben wir direkt am Anfang weg. Macht wenig Sinn mit der Geburtstagstorte, aber ok. Die Ausgangssituation des Romans ist sowieso nicht sehr aufregend. Ein neues Mitglied für irgendeine Teufelssekte.
Vor einem halben Jahr ist Dagmar Hansen gerade zufällig bei einem sehr seltsamen Banküberfall zugegen gewesen und löste die Situation meisterlich. Es ist auch nett, dass die Anwesenden ihr aufs Wort gehorcht haben. Sie musste nur sagen, dass sie „vom Fach“ ist. Die Szene dient als Anknüpfungspunkt zum Fall der Woche, denn die Bankräuberin ist Marisa. Die Schwester von Satanistenfrischling Greta. Marisa will Dagmar nun sehen.
Diese ersten Seiten lesen sich schon sehr schwach. Dazu die Dialoge. Ich ahne schlimmes. Warum Marisa sich nach einem halben Jahr ausgerechnet Dagmar offenbart, ist nur einer der Dinge, die keinen wirklichen Sinn ergeben. Die Handlung ist extrem passend zurechtgebogen.
Da killt Greta auch gerade jetzt eine Wärterin im Gefängnis. Wieder begleitet von öden Dialogen, obwohl die Kacke hier gerade am Dampfen ist und man lieber agieren sollte, als ewig zu quatschen. Außerdem ziehen sich Augenblicke von wenigen Sekunden ewig. Da kann einfach keine Spannung aufkommen. Eigentlich will Greta ihre Schwester mit sich nehmen, überlegt es sich nach einem Plausch mit Dagmar aber irgendwie anders. Und Dagmar lässt sie einfach davonlatschen.
[COLOR=bbcf83]Sie lachte noch mal, drehte sich um und ging. Zwei Augenpaare starrten ihr nach. „Was sollen wir denn jetzt tun, Dagmar?“ „So reagieren, als wäre nichts passiert.“ „Dann bleiben wir stehen?“ „So ist es.“[/COLOR]
Danach folgt ein nächstes Gespräch, dieses mal mit der Gefängnisleiterin. Die ist natürlich nicht erfreut darüber, dass jemand ermordet wurde, kaum dass Dagmar erschienen ist. Und es kommt noch schlimmer. Dagmar will die inhaftierte Marisa mitnehmen.
[COLOR=bbcf83]“Ich warte noch auf meinen Partner. Dann nehmen wir Marisa Lived mit.“[/COLOR] Ok, ich behaupte nicht, dass so eine Aktion total unrealistisch ist. Aber sie wäre mit viel Papierkram und einer längeren Wartezeit verbunden, außerdem müssten das Dagmars Vorgesetzte einleiten. Einfach so ein spontanes „Och ja, wir nehmen die jetzt mit aus dem Gefängnis raus.“ von ein paar BKA-Hanseln ist totaler Blödsinn.
Man merkt nach dem ersten Viertel des Hefts schon. Der Altmeister macht es sich dieses mal extrem einfach und der Leser muss das hinnehmen. Logik ist komplett Fehl am Platz. Für mich schon jetzt einer der schlechtesten Darks aus 2020. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass es nochmal bergauf geht.
Währenddessen bekommt Marisa in ihrer Zelle Besuch von einer weiteren Wärterin. Wieder gefühlt endlose Dialoge. Dabei droht man Marisa mit schlimmer Folter.
[COLOR=bbcf83]Man lernt hier im Knast so einiges, das kann ich dir sagen. Unter anderem auch eine wunderbare Seite der Folter. Ich beherrsche sie, und wenn ich damit fertig bin, wird niemand etwas an dir erkennen.[/COLOR] Toll, da hat man wohl eine Sadistin als Gefängniswärterin eingestellt. Wieso auch nicht? Total realistisch! Zum Glück taucht dann nochmal Greta auf und unterbricht diesen Quatsch. Kurzzeitig ist für ein paar Sätze plötzlich noch eine zweite Aufseherin im Raum, aber egal. Keine Ahnung wo die plötzlich herkommt, ist auch nicht wichtig. Greta tötet die Sadistenwärterin und haut mit Marisa ab.
Nachdem die zweite Leiche entdeckt wurde gibt es wieder elende Dialoge, durch die man sich kämpfen muss. Ja, Dark liebt seine ausufernden Gespräche, aber das ist eine andere Hausnummer. Das muss ich leider überfliegen. Dann habe ich wenigstens keine Gelegenheit, weitere Logikdetails aufzugreifen. Die Hälfte des Romans habe ich ja schon geschafft.
Zwischendurch wird nochmal schockiert enthüllt, dass der Familienname der beiden Schwestern, Lived, rückwärts gesprochen „Devil“ heißt. Äh, dafür können die beiden aber nichts, dann müsste die Teufelsanbetung schon seit Generationen in der Familie verankert sein. Das passt alles nicht zusammen. Außerdem wird nochmal eine Verbindung zu den Höllensöhnen gezogen, die vor einem anderthalben Jahr das letzte mal ein Thema waren. Die haben jetzt in Deutschland wohl eine neue „Filiale“ erreichtet. Ah ja.
[COLOR=bbcf83]Die Höllensöhne standen natürlich nicht im Telefonbuch. Auch über eine normale App war da nichts zu machen.[/COLOR] Also muss man äußerst schlau eine Spur zu ihnen finden. Oder auch nicht, man kann es sich ja auch einfach machen und die Gegenseite agieren lassen. Wieso nicht einfach Dagmar in Harrys Beisein entführen lassen. Dann kann Harry einschreiten und einen der Typen leben lassen, damit er den Weg zu den Höllensöhnen ausspuckt. Die Entführer haben aber auch extrem amateurhaft agiert und die Aktion nicht gut geplant. Eigentlich gar nicht, das war total dämlich.
Egal, es folgen wieder seitenlange Gespräche beim späteren Verhör, die damit enden, dass der Kerl die obligatorische Zyankalikapsel zerbeißt. Also doch keine Spur für die Helden? Oh doch, einer der anwesenden Polizisten hat mitgehört und der weiß natürlich zufällig etwas über die Höllensöhne.
[COLOR=bbcf83]“Wie gesagt, die Höllensöhne haben mich interessiert. Ich weiß jetzt, dass sie sich verkleiden können, um nicht aufzufallen. Aber das ist Nebensache, denn ich habe herausgefunden, wo sie sich treffen, Ihre Höllensöhne.“[/COLOR] Da wäre es ja besser gewesen, wenn der Entführer etwas ausgeplaudert hätte, als dass ein 0815-Polizist zufällig die wichtigen Stichworte mithört und natürlich genau der in seiner Freizeit über die Höllensöhne geforscht hat. Wie er deren geheimen Treffpunkt herausgefunden hat, ist unwichtig, das interessiert den Leser eh nicht. Ich würde ja eine Falle vermuten, weil das einfach zu gut ist um wahr zu sein. Oder als Harry ein paar geschickte Gegenfragen stellen. Aber nicht bei Dark.
Dagmar forscht indes auch nach, auf dem „elektronischen Weg“. Doch der Begriff „Höllensöhne“ taucht nur ein einziges mal auf. Dark hat das Internet immer noch nicht kapiert. Das Problem bei solchen Alltagsbegriffen ist, dass sie zu oft auftauchen und nicht zu wenig. Google spuckt mir 5.800 Treffer aus. Immerhin weiß ich jetzt, dass die Typen ursprünglich aus Darks Don Harris Serie kommen. Dagmar sucht im Archiv des BKA weiter und stößt auf eine uralte Zeitung aus dem Jahre 1947. Die Kollegen sollten auch mal anfangen, ihre Unterlagen zu digitalisieren, aber naja. Vor 70 Jahren hatten die Kerle offiziell ein Haus angemietet. Ist ja noch nicht so lange her, da wird man sie bestimmt immer noch finden. Toller geheimer Treffpunkt. Bevor die Psychonautin das BKA-Archiv jedoch verlassen kann, wird sie von einem Höllensohn überrascht, mit einer Waffe bedroht und schließlich niedergeschlagen.
Harry und der Polizist nähern sich nun dem Haus, wo sich die Höllensöhne treffen. Statt es nachts zu versuchen oder sich zu Fuß heimlich anzuschleichen, fahren sie offen mit dem Auto bis vor das Gelände und klingeln. Sehr gute Ermittlerarbeit! Komisch, es öffnet gar niemand und bietet ihnen Begrüßungsküchlein an. Stattdessen werden sie beschossen, oh Schreck! Nachdem sich darum gekümmert wurde, steigen die beiden über ein Fenster ein.
Auch Greta und Marisa sind auf dem Weg zu diesem Treffpunkt. Das heißt, es gibt weitere inhaltsleere Dialoge aus der Klischeekonserve. Sie kommen vor den Ermittlern an. Marisa zögert, sich den Höllensöhnen anzuschließen, deshalb will Greta sie töten. Zum Glück taucht in letzter Sekunde Harry auf. Viel Zeit für ein packendes Finale gibt es nicht mehr. Eine Seite muss reichen. Immerhin bleiben mir so weitere Dialoge erspart. Harry schießt Greta ins Bein. Sie schleppt sich in einen Ofen und springt hinein, wo sie in der Glut verbrennt. Ende. Naja, nicht ganz. Der Höllensohn, der Dagmar niedergeschlagen hat, war BKA Beamter. Aus dieser Unterwanderung könnte man etwas spannendes machen. Oder zumindest etwas solides, würde mir beim Altmeister schon reichen.
Denn das hier war einfach nur schlimm. Selbst für Dark. Die Dialoge, die Fragezeichen und Logiklücken, die zurechtgebastelte Handlung. Positiv anzumerken ist nur, dass es kein reiner Laberroman war. Die gab es sehr lange nicht mehr. Es gibt Kämpfe und Tote, es passiert war. Eine Grundhandlung ist gegeben. Greta nimmt ihre Schwester zum Treffpunkt der Höllensöhne, um sie als neue Rekrutin zu gewinnen. Harry und Dagmar versuchen das zu verhindern. Ich weiß, das gibt es offiziell hier nicht. Aber von mir bewusst keine Grottige Wertung, sondern „nur“eine Sehr Schlechte.
Äm, sagen wir

:baff: :baff: :baff: :baff: :baff: :baff: :baff: (knappe 3 von 10 Kreuzen)
Da es diese Diskussion kürzlich hier gab: So ein Roman ist für mich der Beweis, dass man „Jason Dark schreibt eben kinderfreundliche leichte Romane“ nicht als Argument bringen kann. Abgesehen davon, dass die Geschichte dafür zu blutig war, bin ich mir sicher, die Johnny Sinclair Bücher von Sabine Städing logischer geschrieben sind und bessere Dialoge beinhalten. Sicher. Kinderbücher sind vielleicht nicht so kompliziert geschrieben wie die Romane von Hilleberg, oder nicht so splatter-trashig wie die von Logan Dee (Wann kommt mal wieder ein Roman von ihm?), aber auch nicht so konzeptlos und unüberlegt wie die von Dark.
PS. Immerhin mal wieder ein Roman ohne den Geisterjäger. Das hat mir gefallen.
Original von hchristian111
war es eine Genugtuung mal wieder einen Dark zu lesen, bei dem man nicht denken muss und nach einer Stunde durch ist.
Warum mache ich mir eigentlich die Mühe, einen langen Text zu schreiben, wenn du es in einem Satz so treffend zusammenfasst.
Gut, ich habe lieber einen Roman zum Grübeln, an dem ich gepackt 2 Stunden sitze. Aber grundsätzlich hast du es sehr treffend beschrieben.