Erst wird die Frau des Arztes Stephen Black ewig nicht mehr gesehen, dann ist sie plötzlich tot. Hat ihr Mann sie ermordet? Oder was steckt dahinter? Nachdem der Protagonist sie als einziger hinter einem Fenster erspähte und sie ihn lüstern angierte und als bei der Obduktion später heraus kommt, dass sie das Gehirn eines Teufels hat, habe ich schon befürchtet, dass es wieder in die Richtung „Frau als dämonische Verführerin“ geht. (Vor allem, als der zuständige Gerichtsmediziner den Mord an der Frau als gerechtfertigt ansieht. Sie war halt eine Teufelin.) Diese Botschaft wollte Arthur Machen beim gewaltigen Gott Pan auch schon an den Leser bringen. Nun, am Ende kann man vielleicht argumentieren, dass es in die gleiche Richtung geht. Parallelen zwischen beiden Geschichten sind deutlich zu spüren. Zum Glück ist dieses rückschrittliche Thema jedoch bestenfalls unterschwellig vertreten.
Mein größter Kritikpunkt am fröhlichen Rätselraten über die Todesumstände ist eindeutig die konstruierte Handlung. Dauert sind Dyson und sein Freund in der Metropole London ganz genau zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort, stolpern über genau den richtigen Platz oder bekommen Dinge mit, die sonst niemand sieht. So werden Dyson einfach nacheinander die nötigen Hinweise in die Hände gelegt, um hinter die Geschichte von Dr. Black und seiner Frau zu kommen. Wenn man sich das mal durch den Kopf gehen lässt, wie hoch ist bei all den verschiedenen Facetten und Unfällen die Wahrscheinlichkeit, dass am Ende ein unbeteiligter Journalist an den Edelstein kommt? Eigentlich gleich Null!
Apropos Edelstein. Während sich das Hörspiel in der zweiten Hälfte darauf vorbereitet, die Tragödie zu enthüllen, spoilert das Cover leider ziemlich. Musste man so etwas, das erst ganz am Ende enthüllt wird, unbedingt dorthin packen? Und dann auch noch mit einer Frauengestalt darin. Da kommen beim Zuhören einfach automatisch Gedanken, die einem die Auflösung etwas versauen.
Aber naja. Trotz allem hat die Stimmung im Hörspiel gepasst. Die Geschichte ist vielleicht mit haufenweise unrealistischen Zufällen erzählt, aber sehr interessant und unheimlich. Man möchte halt wissen, was jetzt hinter der Sache steckt. Und immer wieder gibt es mehr oder weniger unerwartete Ereignisse, die die Handlung in eine neue Richtung lenken. Die Sprecher machen einen guten Job, die Effekte und Musikuntermalung passen. Als einziges hat mich enorm gestört, dass jemand in London dann berlinerisch spricht. Hochdeutsch ist in Ordnung, wenn man den Figuren keinen britischen Dialekt andichten will. Aber dann bitte nicht damit herumexperimentieren, ein Bayer oder Sachse hätte mich genau so genervt. Kommt vielleicht bei manchen Hörern als "urige Art" besonders gut an. Aber mich reißt es aus dem Kopfkino.

:baff: :baff: :baff: (7 von 10 Punkten), wenn ich die Gesamtstimmung des Hörspiels einfange und mich voll darauf einlasse.
Man merkt jedoch trotzdem, dass man beim Gruselkabinett die wirklich guten Vorlagen schon alle abgearbeitet hat. Die fetten Jahre sind vorbei.
