Diese Story hat mich stellenweise kalt erwischt ...
Das (Haupt-)Thema hängt mir immer noch nach und im ersten Moment hätte ich gesagt, dass es in so einem Roman nichts zu suchen hat. Es hat mich gleichermaßen schockiert, wie auch betroffen gemacht ... und mich zu der Erkenntnis kommen lassen, in manchen Dingen wohl doch ein wenig heuchlerisch zu sein, oder zumindest, stellenweise mit zweierlei Maß zu messen.
Vielleicht bin ich auch zu gefühlsduselig, aber wenn etwas gut und eindrucksvoll ge- und beschrieben ist, kann ich das "Mitleiden" und "Reinversetzen" einfach nicht abstellen ...
Aber mal von Anfang an.
Zunächst ist da Mira Nowak, die mit ihrem Hengst Mutabor in Pechern einen frühmorgendlichen Ausritt unternimmt. Ich hatte sie irgendwie schon als Hauptprotagonistin auserkoren, weil man ihren Gedanken so schön ausführlich folgen konnte. Man erfuhr, dass sie sich trotz ihrer 17 Jahre nicht so wirklich für Dorftanz und Beziehungskisten interessiert, wie die anderen Mädels, sondern eben mehr für ihr Pferd und die Freiheit, wenn sie mit ihm durch die Natur reitet.
Trotzdem wollte sie später noch Fabian daten und das halt nicht an die große Glocke hängen.
Vielleicht hätte mich da alarmieren müssen, dass es meist eine Eingangsgeschichte gibt, in der irgendwas übel endet, damit die Helden auf der Bildfläche erscheinen können.
All das passierte nicht, ich hab mir sowas nicht gedacht und auch nicht im Hinterkopf gehabt und so wurde ich das erste Mal kalt erwischt, als die Veränderung mit Mutabor vorging. Was dann passierte, fand ich ganz fürchterlich. Nicht im Sinne von blöd, sondern eher von zu bildlich und ausführlich, so dass es mich eben so kriegen konnte.
Mira wird im Endeffekt von ihrem geliebten Mutabor getötet ... und das wie hatte es in sich. Als wenn man daneben stand und das alles mitansehen musste, ohne was tun zu können.
Dazu dann die unheimliche schwarze Katze ....
Durch einen Artikel in der Zeitung werden Zamorra und Nicole darauf aufmerksam und reisen ins schöne Neißetal, nach Görlitz. Nicht nur die mysteriösen Todesfälle versetzen das Dorf Pechern in Angst und Schrecken ... es gibt auch seltsame Geschichten vom Friedhof, bei der Besucher eine Melodie hörten und das mit Kinderstimme gesungene Lied "Hoppe Hoppe Reiter...", das sich zudem anhörte, als käme es aus tief aus der Erde ...
Die Dorfbewohner erzählen sich Geschichten und Gerüchte, dass es sich bei den Todesfällen um einen Nachzehrer handeln könnte, oder auch um einen Fluch, der nur die Familie Nowak betrifft, da es sich bei den Toten ausschließlich um Familienmitglieder handelt.
Zamorra und Nicole ermitteln, mischen sich unter die Dorfbewohner in einer Kneipe, haben des nachts eine Begegnung der unheimlichen Art auf dem Friedhof, die für Ottmar Kurt, einen Freund Gerd Nowaks, tödlich endet und kommen zu dem Schluss, dass es wohl alles doch mit Familie Nowak zu tun hat, auch wenn bei dem Friedhofsmord ein vermeintlich Außenstehender umkam.
Als nächstes erscheint Miras Kusine Lucia Nowak. Vorsichtig geworden habe ich ihr auch nicht lange gegeben ... doch auch hier wurde ich eines Besseren belehrt und total überrascht, denn im Grunde ging es sich um SIE.
Böse Vorahnungen bekommt man schon gleich zu Anfang, als sich ihre Eltern streiten und ihr Vater mal wieder in die Kneipe will.
Während die etwas pummelige Lucia um ihre hübsche Kusine Mira trauert, nicht aber um Opa Willi und Onkel Bernd, tröstet sie ihr Kater Karol, der ihr aber auch nicht den grausigen Gedanken nehmen kann, nämlich der Satz, der auch bei mir schon alle Alarmglocken läuten lässt:
Das 16jährige Mädchen fürchtet sich nicht vor einem Nachzehrer oder einem Familienfluch.
Nein, Lucia fürchtete sich einzig und allein vor der Rückkehr ihres betrunkenen Vaters.
Und das wohl auch zu Recht.
Im Endeffekt wurde sie Opfer von Vergewaltigung innerhalb der Familie, bei der die Mutter es wusste und nichts tat, das Mädchen sogar schwanger und ihr Kind ein paar Monate später auch noch ermordet wurde.
Während Zamorra sich mit Gerd Nowak unterhalten will und dann erstmal mit dessen Frau Antonia spricht, da Gerd noch die Schweine füttert, sucht Nicole Lucia auf dem Friedhof auf.
Dort liegt der kleine Bartosz begraben, der angebliche Bruder des Mädchens.
Nicole erfährt, wie es wirklich ist und entdeckt zudem, dass Bartosz der Nachzehrer ist. Doch damit ist es nicht getan ...
Währenddessen wird Gerd Nowak im Stall vom Unheilboten, der schwarzen Katze besucht und anschließend von den Schweinen bei lebendigem Leib aufgefressen.
Wie das beschrieben wurde, war auch sehr deutlich und die Bilder im Kopf kamen da recht blutig daher.
Bis Zamorra und Antonia auftauchen, ist es für Gerd Nowak aber längst zu spät und es bleibt von ihm nicht viel übrig.
Damit ist jetzt Opa Wilhelm, Onkel Bernd, Kusine Mira, Möchtegern-Freund Ottmar Kurt und Papa Bernd zu Tode gekommen.
Und alle haben Lucia etwas angetan. Während die Männer sich an ihr vergingen, hat das Unterbewusstsein des pummeligen Mädchens Mira wohl für ihre Schönheit bestraft, obwohl die augenscheinlich immer nett zu ihrer Kusine war.
Auch Nicole gerät durch ihre Emotionalität gegenüber Lucia und dessen, was sie durchmachen musste, in Mitleidenschaft und tötet beinahe Mitwisserin und Mutter Antonia.
Zamorra, der sich auf Grund der Parallel-Welt Nicole um den Gemütszustand seiner Gefährtin sorgt, kann im Hier und Jetzt an sie und ihr gutes Wesen appellieren und sie vom Schlimmsten abhalten.
Sehr bildlich hatte ich auch vor Augen, als Nicole das Grab des kleinen Bartosz öffnet und der Junge sich bewegt, die Spieluhr in der Hand hält ... und als sie ihn dreht, das Loch im Schädel sieht ... das alles war auch echt gruselig.
Dazu dann noch die Erkenntnis, dass die Morde/Unfälle den Vorkommissen im Kinderlied ähnelten:
Hoppe Hoppe Reiter, wenn er fällt, dann schreit er (oder sie) .... Mira fällt vom Pferd, wird zu Tode getrampelt ...
...
fällt er in den Graben, fressen ihn die Raben ... Bernd, gepickt von Vögeln, in den Wehr gefallen ...
...
fällt er in den Sumpf, dann macht der Ottmar plumps .... Ottmar Kurt fällt auf's Grab (wird eher von einem Kind gestoßen), erstickt in der Erde ...
Brrr ... sehr böse ... nicht gut für den Job, denn das kann ich doch jetzt mit keinem Kleinkind mehr unbefangen singen/spielen ...

o.O 8o :ohnmacht:
Dhyarra, Amulett, "Unsichtbarkeits"-Modus in Form von Unscheinbarkeit, misslungene posthypnotische Blockade gegen Fremd-Okkupation, Spannung, Betroffenheit, Erschütterung, aber auch Humor, gute Dialoge, bzw. Schlagabtausch zwischen Nicole und Zamorra, Lokalmythen durch Dorfbewohner, etc. ... all das konnte man perfekt in dieser Story finden und buchstäblich auch beim Lesen miterleben.
Da mir das per se passiert, wenn etwas gut ge- und beschrieben ist, hat es wohl auch so hart reingehauen.
Und da kam ich in einen Konflikt ... nämlich in den vom Anfang.
Auch wenn kein detailliertes Wort gefallen ist, mich hat Lucias Schicksal echt mitgenommen und ich war schon drauf und dran zu verurteilen, dass so etwas Platz und Thema in einem Grusel-Mystery-Roman fand.
Aber Halt ... Vergewaltigung und Missbrauch sind ohne Zweifel übelste Verbrechen ... aber was ist denn mit Mord? Folter? Verbrennen, aufhängen, erschießen, aufschlitzen, bei lebendigem Leib aufgefressen werden, Geiselnahmen, Entführungen, Organklau, Verletzungen und Misshandlungen weil die Bösen einfach Spaß dran haben, psychische Beeinflussung, Hypnose ...
Wenn die Gegner, ganz gleich, ob es Dämonen, von Dämonen beeinflusste Menschen oder Menschen mit bösartiger Natur oder dergleichen sind, die so etwas mit anderen Menschen machen ... es sind ebenfalls Verbrechen, die evt. als Grundlage eines Falles dienen. Und die werden nicht kritisiert ... in keinem oder höchst wenigen Gruselromanen.
Ich kam ins Grübeln ...
Im TV, in der Zeitung, im Radio gibt es leider etliche Meldungen ähnlicher trauriger Verbrechen ... aber es nimmt mich nicht jedes Mal so arg mit, wie es hier passiert ist. Klar ist man auch betroffen, aber irgendwie anders.
Dieses Verbrechen, dass hier in dieser Story dem Grusel und dem Mystischen zu Grunde lag, hatte mich so kalt erwischt, dass ich im ersten Moment nicht anders konnte, als es massiv zu verurteilen.
Aber war es nicht vielmehr die Art und Weise,
wie mir die Geschichte hier erzählt wurde und
wie mir die betreffenden Charaktere nahe gebracht, die Szenen der Morde beschrieben und rübergebracht wurden ... ?
Daher habe ich für mich beschlossen, dass es an der guten Erzählart lag, mich so dermaßen zu fesseln, dass mich das Thema und seine Daseinsberechtigung in einem Romanheft so beschäftigte.
Denn wenn ich dieses grausige Verbrechen in einem Heftroman verurteile und/oder anzweifle, ob es dort überhaupt etwas zu suchen hat, dann müsste ich doch alle anderen Verbrechen, bei denen Menschen Leid angetan wird, ebenfalls auf's Schärfste kritisieren ... oder bin ich jetzt irgendwie im falschen Film?
Es ist schwierig ... das Thema ist schwierig ... aber mit welchem Maß will man dann ermessen, welches Verbrechen schlimmer (oder das Schlimmste) ist?
Jemand wird getötet, ermordet - ist nicht mehr da, nie mehr ...
Jemand wird missbraucht - hat wer weiß wie lange unter den Folgen zu leiden ...
Jemand wird entführt - die Zukunft ist auf unbestimmte Zeit für alle Beteiligten quälend ungewiss ...
Jemand wird gefoltert - hat unter den Folgen zu leiden, wenn die Folter überhaupt überlebt wurde ... usw.
In dieser Story hier ist es letztendlich aber auch nicht "nur" eines der Verbrechen, die verübt werden und auf dem dann ein Fall für die Helden aufbaut. Es ist vielmehr auch noch der Gedanke daran, wie es mit der parabegabten und traumatisierten Lucia weitergeht. Ob sie das Erlebte irgendwann verpacken kann oder ob es sie ein Leben lang negativ beeinflussen wird?
Aber auch daran wurde gedacht, denn Zamorra und Nicole bringen Lucia erstmal in die Berliner Charité, um sie psychisch versorgt zu wissen, damit sie ihr jahrelanges Trauma überwinden kann. Und auch an das nächste "danach" ist gedacht worden. Die beiden Dämonenjäger erzählen ihr nämlich, wegen ihres Parapotenzials, auch noch von der deBlaussec-Stiftung, zu der das Mädchen kommen kann, wenn sie nicht zu ihrer Mutter zurück will.
Und das war es dann auch, das mich dann wieder etwas aus meiner Betroffenheit rausgeholt hat.
Dass eben auch an das "danach" gedacht wurde und nicht "nur" der Missbrauch innerhalb der Familie als Aufhänger und Tenor dieses Romans benutzt wurde.
Missbrauch ist schlimm ... aber Mord, Messerattacken, Entführungen mit/ohne Folter, Hypnose und dadurch einen fremden Willen aufzwingen, etc. sind es auch ... und diese Verbrechen dienen ebenso als Grundlagen für Geschichten ... und die sind auch nicht realitätsferner, als beispielsweise Missbrauch ...
All das zusammen hatte mich so gepackt, gefesselt, mitgerissen, ich erinnere auch an Mira am Anfang und das mich
diese Szene quasi schon aus den Socken haute .... so dass die Erkenntnis um den Missbrauch und damit Lucias Schicksal noch der Tropfen auf dem heißen Stein war, um über vorkommende Themen in Romanen nachzudenken.
Deshalb blieb trotzdem irgendwie noch ein bitterböses und schwermütiges Feeling zurück, das mich dann jetzt wohl zu einer Art von Heuchlerin macht, weil ich ja eigentlich
alle Verbrechen verurteile, dem Verbrechen, das dieser Story zu Grunde liegt, aber mehr Bösartigkeit, Betroffenheit und Abneigung beimesse, als einem der anderen, die hier doch teilweise ebenso vorkamen und es doch alles Gräueltaten übelster Natur sind ...
Handwerklich, storytechnisch, Spannung, Ermittlungsarbeit, Auflösung, die gut getroffenen Charaktere (HC's, wie auch NC's), usw. haben mich aber überzeugt.
Irgendwie ungewohnt fand aber, dass so oft "Nici" gesagt/geschrieben wurde (das kannte ich bisher nur, wenn Zamorra das zu ihr direkt sagte, nicht aber im erzählenden Text).
Dann nicht zu vergessen natürlich der Schreibstil, die Wortwahl und Ausdrucksweise, wegen denen mir das wohl erst alles so nahe gehen
konnte, bzw. ich mit Mira und gerade auch Lucia mitgelitten habe .. wegen denen ich außerdem Gerd von Anfang an ätzend fand .. Antonia als unterwürfige Frau, die nix zu sagen hat, angesehen habe .. Ottmar als fiesen, schmeckleckenden Mitläufer von Gerd (und wohl auch von Bernd) abstempelte und später als Mittäter verfluchte .. die Beschreibungen von Wachtmeister Erwin Jüttner, der mir irgendwie aufgeschlossener und kooperativer vorkam, als manch andere Polizisten .. und schlussendlich die gute Erna Kowalschek, ihres Zeichens Klatschtante, Infogeberin und Herbergs-Mama für Zamorra und Nicole
Nur wenn sowas gut erzählt wird, kann man es auch "sehen" oder ganz und gar als stiller Beobachter "dabei" sein und es als gut oder schlecht empfinden:
8,5/10 Amuletten.
Aaaaaber ... was Zamorra bloß gegen Porridge hat ... das ist das erste Mal, dass ich voll und ganz auf Nicoles Seite stehe!! Das Zeug ist lecker, besonders mit Früchten, ich ess das auch täglich ... aber für Ziegelsteine hab ich das noch nie benutzt

Ich hab mich bei der Szene echt amüsiert (und gleich Hunger drauf gekriegt) ... und mich hätte es nicht gewundert, wenn der Inhalt des Schüsselchens in Zamorra's Gesicht gelandet wäre, hätte Monsieur le professeur da noch weitere negative Sprüche fallenlassen. Aber dafür ist Nicole das Porridge dann wohl auch zu schade gewesen

:thumbup:
Das Cover war vorher schon ein stimmiges, unheimliches Bild ... doch im Nachhinein, mit Kenntnis über die Story, wirkt es noch unheimlicher, geradezu bedrückend ... und man kann beinahe leise die Spieluhr hören, gefolgt von dem Kinderlied aus Grabestiefe ...
Hoppe, Hoppe Reiter ... :thumbup:
In der
Mystery Times gab es den zweiten Teil der "Séance des Todes".
Die Geschichte hat mich nach dem ersten Teil wirklich interessiert.
Ich wollte wissen, was es mit dieser Séance auf sich hat, wer die mysteriöse Frau ist, die Simón gesehen hat und was die Hausherrin mir ihr zu tun, bzw. generell für Geheimisse hat und was das für Flecken sind, wo sie herkommen, etc.
Irgendwie wird davon leider nichts beantwortet oder in einem nächsten Teil weitergeführt.
Möglicherweise hab ich den Kontext aber auch nicht ganz verstanden ... ?!
Nachdem Simón seine Geschichte im
ZumTeufel bis zur Ortsbegehung seines Auftrages und auch seinen Erlebnissen mit der mysteriösen Frau erzählt hatte, gingen alle nach Hause. Auch er marschierte angeheitert los und sah plötzlich wieder die Unbekannte. Sie sagt einen Satz, danach ist Simòn verloren.
Aber warum ist er das, wenn er die Frau doch rächen soll?
Und was ist mit der Séance? Dabei handelt es sich doch normalerweise um eine spiritistische Sitzung innerhalb einer Gruppe von Menschen, die mittels eines Mediums Kontakt mit Toten aufnehmen wollen. Das ist hier aber gar nicht passiert, obwohl der Raum, in den ihn die Hausherrin führt, ja schon deutlich prädestiniert dafür ist.
Wenn man großzügig beide Augen zudrückt und mal nicht auf eine Sitzung beharrt, könnte Simón vielleicht unbewusst ein Medium gewesen sein, weshalb er überhaupt Kontakt der zu Geisterfrau bekam ... und während dieser Kontakt stattfand und sie auch mit ihm gesprochen hat, fand er den Tod. Im weitläufigen Sinne passt der Titel so wieder.
Wobei immer noch fraglich ist, wie er die Frau rächen soll, wenn er tot ist? In dem Zustand scheint's ja nicht zu funktionieren, sonst hätte sie es ja auch selbst tun können
Die Geschichte hat neugierig gemacht und Interesse geweckt, wurde dann aber zu schnell beendet, fand ich. Ich sag ja eigentlich immer, dass innerhalb einer Story ruhig auch mal etwas ungeklärt bleiben darf. Hier ist allerdings so gute wie gar nichts (auf)geklärt worden, was ich echt schade fand. Vielleicht könnte man da nochmal intervenieren und evt. eine Fortsetzung ausklamüsern?!
Denn
verloren muss ja nicht direkt auch
tot sein bedeuten, wenn man es geschickt erklärt.
Ich würds auf jeden Fall lesen

:thumbup: