Es gibt zwei Handlungsstränge in diesem Roman, die am Ende auch zusammenfinden.
Einmal steht John zu den Geschehnissen in Bulgarien und kommt Lykkes "Einladung" nach, als eine Art von Wiedergutmachung/Verantwortung übernehmen/Bereitschaft zur Koexistenz den Berserkergang zu meistern.
Als zweites gibt es den Strang um den Problembären/Killerbären und dessen Angriff auf die Iñupiat in Kaktovik.
Am Schluss kommt es zum Showdown in Kaktovik, als John sich in Berserkergestalt dem Problembären stellt, der in dem Örtchen unter den Iñupiat mächtig gewütet hat ...
Nach den Geschehnissen sagt Lykke, dass sie nicht unbedingt Feinde sein müssen und John antwortet darauf, dass es ganz bei ihnen läge. So ganz richtig finde ich diese Aussage von ihm nicht, denn auf Grund seiner Besessenheit in Bulgarien stehen die Bewohner der Kolonie/die Berserker ihm und den Menschen doch auch wieder skeptischer gegenüber, was man sogar irgendwie verstehen kann. (mal abgesehen davon, dass John sich damit rechtfertig, sie seien immer noch Bestien, die Menschen töten.)
Wenn es jemals ein gesundes Minimum an Akzeptanz zwischen den verschiedenen Wesen/Kreaturen/Menschen geben soll, die sich ja schon in einer empfindlichen Angangsphase befinden hat, dann müssen auch alle Seiten geschlossen dazu bereit sein ... ohne Wenn und Aber.
Natürlich wird es immer Abtrünnige oder Gegner geben, aber das darf man dann nicht auf den kompletten Rest der jeweiligen Gattung beziehen ...
Ganz besonders beeindruckt, bzw. in gewissem Maße geschockt haben mich die Ereignisse bei den Iñupiat.
Da werden als erstes die drei Eskimos Amaruk, Totega und Panuk angegriffen. Der braunfellige Problembär geht anscheinend nicht (nur) aus Hunger, auf der Suche nach Nahrung zum Angriff über, denn er frisst nicht jeden Toten.
Amaruk kommt als einziger mit dem Schrecken davon und kann im Dorf davon berichten.
Dann wird seine Familie angegriffen. Auf dem nicht allzu langen Weg nach Hause wird dann seine Schwester Nunik mit ihren Kindern Kira und Tulok attackiert und da war ich, obgleich der Härte dieses Angriffs, doch überrascht. Natürlich muss man in einem Gruselroman auch irgendwie damit rechnen, aber trotzdem war es hart und ich musste echt schlucken. Ist halt so bei mir, wenn Kinder involviert sind und/oder es mehrere Tote auf kleinem Raum gibt.
Kira kann auf Zuruf Nuniks entkommen und läuft zurück zu den Großeltern, für ihre Mutter kommt jede Hilfe zu spät. Und sie erträgt ihren Tod sogar noch stumm, damit es für Kira nicht noch schlimmer wird.
Was aus dem kleinen Tulok wird, erfährt man nicht genau ... aber auf Grund der Härte, mit der der Killerbär vorgeht, muss man davon ausgehen, dass er das Kind nicht nur verschleppt, sondern auch getötet hat. Aber gewiss ist das auch nicht wirklich ...
Später wird Kira abermals von ihm attackiert. Das Mädchen muss angesichts dieses frühkindlichen Erlebnisses eine Phobie gegen Bären entwickeln ... dachte ich.
Doch das, was am Schluss passiert, biegt das einigermaßen wieder hin: sie sieht, dass nicht alle Bären Killer sind! Egal, ob es ein Berserker, John als Berserker oder ein ganz normaler Kodiakbär, etc. ist/war: wichtig fand ich doch irgendwie, dass der (Hybrid-)Bär an sich nicht als Tötungsmaschine hingestellt wurde, selbst wenn die Umstände, die dazu geführt haben mögen, ihn sogar irgendwie ein kleines bisschen dazu berechtigten ...
An dieser Stelle kann ich auch kurz auf die Message eingehen, die in der Story zu finden ist (bzw. die ich jetzt als solche so empfunden habe): Müllhalden, Nahrungsknappheit, Veränderung der natürlichen Lebensräume, generelle ökologische Schäden durch Menschenhand, etc.
Es wurde viel und oft erwähnt, ja, aber trotzdem habe auch ich da keinen Oberlehrer-Fingerzeig herausgelesen. Es wirkte mehr wie ein Aufgreifen von Veränderungen und Geschehnissen in der Natur, die aktueller den je sind, aber eben auch bestens in die Story eingeflochten wurden.
Es geschah wieder mehr aus der Sicht der Protagonisten, in diesem Falle eben besonders von Amaruk und dadurch hatte es (für mich) eher den Charakter von aufmerksam machen und informieren über die Zukuntspläne und aktuelle Situation Amaruks, als vom erhobenen Zeigefinger.
Es war nicht der Autor direkt, der mir hier klarmachen wollte, was schief läuft ... es passierte durch Amaruk, der mir mitteilte, wie seine Gesinnung und seine Ansichten gegenüber der Natur und den Tieren sind und was er noch aus seinem beruflichen Leben machen will.
Vielleicht habe ich damit das Thema verfehlt (setzen, 6!), interpretiere da zu viel oder zu wenig hinein, aber so kam es eben bei mir an. Und das war für mich völlig ok, inhaltlich zur Story, wie auch von der informativen Seite her.
Amaruk und seine Familie scheinen schließlich an erster Stelle auf der Liste des Killerbären zu stehen, denn durch ihn stirbt auch noch sein Vater Notako und ganz zum Schluss auch seine Mutter Meriwa.
Ebenfalls der Nachbar Yomito (der halt nebenan wohnt, nahe den Sillas. Oder das kleine Dorf war SO klein, dass nur so wenige Leute da wohnten und eben die Silla-Familie recht groß war und so wohnte, dass es für den Bären eben die beste Gelegenheit war).
Umso mehr schätze ich das Happy End, das es noch für Amaruk gab. Die Rangerin Constance Bernard taucht auf seine Meldung hin auf und findet ihn sogar ganz nett, bzw. gutaussehend ... wer weiß, vielleicht wird da ja noch was draus...?!^^ Außerdem schätze ich mal, dass sie maßgeblich daran beteiligt war, dass Amaruk mit seiner Nichte Kira nach Anchorage umziehen und einen Job als Park Ranger antreten kann. Dieses Ende war für den/die Iñupiat auch wirklich nötig, fand ich!!
Nun zu John.
Erstmal fand ich es generell gut, dass seine Taten in Bulgarien nochmal auf den Tisch kamen, speziell in diesem Fall.
Er tötete Morgana Layton, Milena Szabo und weitere Leute der Kolonie. Im Nachhinein war es für ihn immer noch relativ in Ordnung, nur eben die Umstände nicht.
Während diese Umstände für ihn auch noch eine Rolle spielen, zählt für Lykke, Michail und Co hauptsächlich die Auswirkung, der Tod ihrer Freunde und Artgenossen.
Bei seiner Ankunft wird ihm mit den unterschiedlichsten Emotionen begegnet: Hass, Gleichgültigkeit, Skepsis ...
Wirklich gefreut, ihn zu sehen, hat sich niemand. Doch Lykke und auch Aleksandra bleiben relativ neutral und halten ihm zugute, dass er gekommen ist und sich verantwortet.
Lykke hat für ihn zwei Dinge am Start: Erklärungen zur silbernen Axt und den Berserkergang.
Die Infos über die Herkunft und Erschaffung der silbernen Axt bringen John auch Erkenntnis über Fenris' Verbleib und Handlungsweise.
Was den Berserkergang angeht, da muss sich John mit Magie und nordischer Mythologie auseinandersetzen (die ihm ja nu auch nicht gänzlich unbekannt ist).
Die Infos um die silberne Axt fand ich natürlich klasse, aber die Beschreibungen um den Berserkergang haben mich schon regelrecht beeindruckt. Angefangen von der Art und Weise, wie es aufgezogen wurde, weil bisher von diesem Gang immer nur gesprochen wurde, aber nichts wirklich genaueres darüber bekannt war, über die traumähnlichen Sequenzen mit den Nornen, bis hin zur eigentlichen Verwandlung zum Berserker und den dazugehörigen Aufgaben.
Ich fand auch besonders die Beschreibung in und der Wildnis an sich super, so dass man es sich richtig gut vorstellen konnte. Auch das Wechseln der Schauplätze/Jahreszeit, wenn John nach einem "Schlaf" mal wieder irgendwo aufwachte und die darauf bauenden Beschreibungen waren toll.
Ob die Gesinnung von Lykke und ihre Forderung an John, diese speziellen Aufgaben auch tunlichst zu erfüllen, rechtens waren, bzw. nicht nur eine einseitige Rechtssprechung darstellten, lass ich jetzt mal offen. Dafür kann ich den Berserkermythos irgendwie (noch) zu wenig einschätzen, bzw. ihm bis ins kleinste Detail folgen. Bei der nordischen Mythologie verhält es sich bei mir, wie mit japanischen Mythen und Sagen: es ist nicht ganz so meins und ich weiß darüber nur das, was ich aus Film und Fernsehen, bzw. vom Nachlesen, Googeln, etc. so "kenne".
Ich fand es interessant und informativ zugleich und von der Weltenesche Yggdrasil hatte ich sogar schon mal gehört (vielleicht durch
Avatar, Quizz-Duell oder sowas^^).
Mich hat daher mehr das Handeln, Agieren, Denken, Fühlen, die Emotionen, etc. von John in den Bann gezogen.
Sein Denken gegenüber Berengar, der ihn ja gerettet hatte und den er mehr versehentlich tötete, als dass er es beabsichtigte, wie Lykke es von ihm verlangte.
Ich musste mehrfach darüber sinnieren, warum sie es John aufbürdet, ihren abtrünnigen Bruder zu töten und es nicht selbst tat.
John erlangt zwar die Erkenntnis, dass Berengar tatsächlich kaum noch menschliche Züge besaß, aber es ist für ihn eigentlich noch nicht Grund genug, ihn zu töten. Um diese Aufgabe zu erfüllen kommt ihm quasi mehr der Zufall zur Hilfe und ich bin froh, dass er es doch irgendwie noch bedauert, obwohl er gleichzeitig sieht, dass Berengar dadurch auch ein wenig erlöst wurde. Erlöst von seinem persönlichen Hass und auch von seinem veränderten Dasein, er hat seinen Frieden gefunden ... wie Lykke es nennt.
Super war auch die Darstellung mit Berengars Fell, dass fast schon ein gewisses Eigenleben entwickelte.
Ins Hier und Jetzt geholt, bzw. sich deutlich von den mystischen "Nornen-Sequenzen" abgesetzt hat sich dieser doch eher "magisch-mystische" Berserkergang für mich dann am Schluss, als John sich in Bärengestalt dem Killerbären stellt. Er rettet damit Kira und die übrigen Dorfbewohner.
Warum er jetzt diesen Berserkergang machen musste, erschließt sich mir noch nicht so ganz.
Sollte es jetzt eine Probe sein, ob er noch die Akzeptanz gegenüber den Berserkern/Werwölfen besitzt, um eine Koexistenz und gegenseitige "Duldung" zu gewährleisten oder war es, um ihn selbst erleben zu lassen, wie man in Berserkergestalt denkt, da Lykke immer wieder erwähnt, dass er noch zu sehr wie ein Mensch denkt?
Aber er IST ein Mensch ... und warum sollte er die Denkweise der Menschen ablegen, wo er doch auch so schon einigermaßen zur Akzeptanz der Kolonie bereit war? Er musste doch im Grunde "nur" beweisen, dass er nicht von Grund auf und wegen der Vorfälle in Bulgarien die Denkweise besitzt, Werwölfe und Berserker als Gegner anzusehen und diese auch bei jeder Begegnung zu töten ...
Oder sollte er nur mal selbst erfahren, wie andere Arten/Wesen denken, dass sie auch nicht die Killer sind, für die sie oft auf den ersten Blick gehalten werden?
Aber warum dann als Berserker? Denn hauptsächlich hatte er durch seine Besessenheit den Werwölfen geschadet. Oder besitzt Lykke inzwischen so viel Einfluss, auch auf die Werwölfe, dass diese seinen Berserkergang ebenso anerkennen, wie Lykke und die Berserker es tun? Wollten die Wesen "nur" erreichen, dass er auch mal selbst fühlt und handelt, wie ein Nicht-Mensch? Aber das hatte er doch bereits hinter sich, als er für kurze Zeit unter Lupina ein Werwolf war ...
Wie dem auch sei, ich sehe seinen Berserkergang jetzt hauptsächlich als Bereitschaft an, sich 1. der Verantwortung für seine Taten gestellt zu haben und 2. den Berserkern und Werwölfen gegenüber zu zeigen, dass er sie nicht generell hasst oder grundlegend dafür ist, alles und jeden, der oder das nicht eindeutig auf der Seite der Guten steht, angreifen und vernichten zu wollen.
Auch wenn es wohl in Lykkes bester Absicht lag, John mit Wissen der Berserker und Werwölfe diesen Gang machen zu lassen, um wieder eine Basis für gegenseitige Akzeptanz zu schaffen ... irgendwie kam sie mir hier dennoch herrisch, bestimmend und leicht rechthaberisch vor. Sie maßt sich an, das für alle beteiligten Parteien zu regeln. Doch ob gerade die Werwölfe den Tod ihrer Königin UND Johns guten Willen durch den Berserkergang so hinnehmen, steht ja noch auf einem anderen Blatt ...
Und dann ist das noch die Tatsache, dass immer noch nicht eindeutig feststeht, ob Morgana Layton wirklich vernichtet wurde. Immerhin gibt es ja noch genügend, auch im Roman selbst erwähnten Zweifel und somit auch die Möglichkeit einer "Vertuschungsaktion".
Aber das finde ich völlig ok, denn es darf auch ruhig etwas Ungewissheit, etwas Mystisches zurück bleiben .... zumal es bei John Sinclair ja doch einige überraschende Möglichkeiten gibt, etwas zu belegen, widerlegen, neu aufzuziehen oder wiedererscheinen zu lassen ...

:thumbup:
Mich hat diese Story
sehr gut unterhalten, informiert, schockiert, nachdenken - wie auch mitfühlen lassen.
Es war ein Erlebnis der anderen Art ... John mal in eine andere Haut, bzw. in ein Bärenfell zu stecken und ihm eine andere Sichtweise aufzuzeigen, wie auch erleben zu lassen.
Reden und erklären kann man nun mal viel ... manches muss man einfach erleben, um es zu verstehen
Das Cover war nur bedingt mein Fall. Der Bär sieht "schön" blutrünstig aus, wüst, gefährlich ... und durch die Fellfarbe gehe ich davon aus, dass es den Killerbären darstellt. Denn so "rot" hat John auch als Berserker nicht gesehen ...
Aber irgendwie will der Funke trotzdem nicht so recht überspringen ...
Die LKS habe ich noch nicht gelesen, denn ich muss eines gestehen: eine Lesergeschichte, die von John und Co handelt, weckt bei mir noch ein gewisses Maß an Interesse.
Bei Stories auf der LKS in einem Sinclair-Roman, die dagegen "nur" Gruselstory sind, für sich stehen, ohne JS-Bezug, also so gar nix mit John und/oder Co zu tun haben, tue ich mich (leider) etwas schwer.
Aber ich werde sie noch lesen und mir dann nochmal ein Urteil bilden ... denn ohne das Corpus Delicti zu kennen, kann ich auch nicht wirklich was darüber sagen. Vielleicht isses ja doch ganz gut ... ?!
Original von Tulimyrsky
[...]Mein Highlight war Johns Ausspruch: Ich hab aber keine Zeit sieben Jahre durch den Wald zu latschen *sinngemäß[...]
Auf jeden Fall!!

:thumbup:
Witzig fand ich auch noch, dass John sich im Wohnzimmer der Conollys glaubt, als er mit dröhnendem Schädel aufwacht. Also echt ... was wirft das denn für ein Licht auf die??
Dröhnender Schädel = Saufgelage mit Bill ...
Und wer sagt denn, dass Sheila nicht doch Räucherstäbchen mit betäubenden Gerüchen benutzt, wenn John und Bill nach einem Besäufnis im Wohnzimmer pennen und sich dann auch noch nicht die Zähne geputzt haben? So eine mörderische Fahne (im günstigsten Fall NUR die Fahne

), die dann wohl im Raum vorherrscht, möchte ich auch nicht schnüffeln müssen^^ :ohnmacht:
Original von Tulimyrsky
btw: ich finde es schade, dass IRH hier nicht mehr aktiv ist...

Allerdings, find ich auch! Es hat immer Spaß gemacht, die eigenen Eindrücke zu beschreiben, wie einem der Roman gefallen hat und was man aus ihm rauslas ... und IRH dann nochmal ein paar Dinge angefügt hat, die mir z.B. dann doch noch irgendwie entgangen sind oder ich auch einfach nur anders aufgefasst habe.
Sehr schade ... aber irgendwie auch kein Wunder: wenn man bestimmte Rezis z.B. bei "Engelstöter" und/oder davor liest ... dann hätte ich auch keine große Lust mehr ... :heul:
Dinge, die nicht den entsprechenden Roman betreffen, sollte man doch in anderen Threads diskutieren. So kann man als Autor immer noch entscheiden, ob man daran teilnimmt oder nicht.
Denn oft hängen bei speziellen Themen/Dingen/Über-Themen ja noch mehrere Leutz mit drin oder dran und nicht nur EIN Autor ... ergo auch nix für eine bestimmte Romanrezi, sondern eher als allgemeine Diskussion zu einem bestimmten Thema.
Für romanbezogene Rezis gibt's doch schließlich die einzelnen Rubriken ... sonst könnte man auch einfach nur unter "John Sinclair" jeden Roman rezensieren und nicht zu einem bestimmten Roman in einem extra dafür vorhandenden Thread ... den eben auch ein Autor nutzen kann, um über seinen geschriebenen Roman mitzudiskutieren. Alles andere, was daraus möglicherweise resultiert, kann woanders hin und eine Beteiligung von ihm separat entschieden werden ...
Ob das jetzt deswegen war, weiß ich nicht, ist nur meine Mutmaßung!
Es las sich anhand dieser Rezis/Meinungen/anderen diskutierten Themen für mich halt so ...