Eigentlich wollte ich den Dreiteiler erstmal nur kaufen, aber (noch) nicht lesen, da ich aktuell halt immer vom "Schlimmsten" ausgehe. Ich hatte die Sinclair-Romane bis vor einiger Zeit immer unbedarft und mit Spaß gelesen, egal, welcher Autor welchen Roman schrieb und wer oder was drin vorkam.
Nach gewissen Vorkommnissen hat sich das, sehr zu meinem eigenen Leidwesen, geändert und ich las nicht mehr die Romane, von denen ich beim kurzen Überfliegen dachte, dass ich dort wieder was lesen könnte, was mir nicht so gefiel oder ich Rotz und Wasser heulen muss.
Aus bitteren Erfahrungen lernt man eben ... oder handelt entsprechend vorbeugend, wie auch immer.
Warum ich das jetzt schreibe?
Weil ich heut morgen die Erste war, die beim Zeitschriftenhändler auf der Matte und kurz drauf mit den Romanen an der Kasse stand.
Mein Sinclair-Dealer grinste nur, als er den roten Button auf dem einen Heft sah ... und genau deshalb musste/wollte ich ihn eben
doch lesen!
Der zweite Punkt ist, dass ich den Dreiteiler und damit diesen ersten Teil trotzdem sehr skeptisch, mit Vorsicht und den bösesten aller Vorahnungen angefangen habe ... und wieder einmal vom Autor überrascht wurde.
Positiv.
Das hatte er zuletzt mit seinem Werk "Suche nach Leben" geschafft.
Egal was da noch in den beiden nachfolgenden Teilen passiert, für mich ist es seit langem mal wieder ein Mehrteiler von IRH, der spannend, ideenreich und schreibtechnisch super ausgeklügelt wurde ... zu keinem Zeitpunkt langatmig wirkt und gespickt ist mit Figuren/Charakteren (die uns bekannten und auch neue), wie auch mit verschiedensten Ereignissen ...
Es gibt, meiner Meinung nach, eigentlich erstmal drei Haupthandlungsstränge und ich hoffe, ich verrate nicht zu viel!
(ACHTUNG: wer sich gänzlich überraschen lassen möchte oder die Romane erst später kriegt oder schlichtweg alles lieber selbst lesen möchte, sollte hier jetzt NICHT mehr weiterlesen! SPOILERS!!)
* * *
Ganz kurz zum Inhalt:
1. John fliegt in Begleitung des MI5 Agents Ben Essex nach Peelham, um einem Hilferuf Hank Thompsons, bzw. Beelzebubs nachzugehen ...
2. Bill erhält einen Anruf seiner toten Frau, die ihn darum bittet, ihre sterblichen Überreste auszubuddeln und nach Avalon zu bringen, um Frieden zu finden ...
3. Suko macht mit Wissen von Sir James Motorrad-Urlaub in den Grampian Mountains, nachdem ihm verwehrt wurde, John zu begleiten // Sir James muss der neuen Chefin Christina Dick Rede und Antwort zu Johns und Sukos Aufenthaltsorten stehen und auch im Club legt Sir Richard ihm nahe, sich zukünftig besser an die Regeln zu halten ...
Das mal grob zum Inhalt des ersten Teils.
Es fing schon damit an, dass die Beschreibungen von Bills Einsamkeit im Bungalow, der eigentlich immer ein mit Leben gefülltes Zuhause der Familie darstellte, sowie seine Erinnerungen an Sheila und Johnny nahezu beklemmend rüberkamen und man, also ich, mit nem fetten Kloß im Hals und nem Tränchen im Auge mitfühlen konnte, wie bescheiden es ihm ging.
(Vor kurzem war ich eine Woche alleine zu Hause, Mann und Sohn im Männerurlaub, Töchterchen mit ner Jugendgruppe unterwegs. Tagsüber konnte ich all das machen, was ich sonst unter den Argusaugen der Family nicht so einfach machen kann ... aber abends ... Ich kann nur sagen, dass es die erste und einzige Woche war, die ich "solange" alleine rumgehangen habe!
Ich hatte sogar darüber nachgedacht, wie sich Leute fühlen müssen, die jemanden verloren haben und abends, wenn man sich schlechter ablenken kann, als tagsüber,
immer alleine sind. Es war echt ekelhaft, allein nur darüber nachzudenken ... wie müssen sich Leute fühlen, die sowas schon erleben mussten?) Hätte ich diesen Roman also vor zwei Wochen gelesen, ich hätte wohl obgleich der noch besser nachempfundenen Stimmung Rotz und Wasser geheult.
Jetzt und hier konnte ich "nur" mit einem dicken Kloß im Hals und manche Stellen lediglich mit Pipi in den Augen lesen, was sich also für meine Verhältnisse schon in Grenzen hielt

Dann hat Bill nur noch ein Ziel vor Augen, nämlich den letzten Wunsch seiner Gattin zu erfüllen und da soll ihm auch niemand in die Quere kommen.
Auch keine Freunde, die sich um ihn sorgen.
Als Jane dann auftaucht, handelt Bill entsprechend.
Auch hier wurde ich wieder angenehm überrascht, denn gerade als Jane anfing, mich schon zu nerven, u.a. weil sie Bills Vorhaben vereiteln könnte, wendete sich das Blatt und IRH schaffte es sogar, dass ich tatsächlich auch (oder besser: sogar!) mit der Detektivin mitleiden konnte, als Bill sie niederknüppelt ... obwohl sie sich doch eigentlich nur um ihn sorgte, auf ihn auspassen sollte, usw.
Auch die Action kam nicht zu kurz, denn die Ghoul-Szenen auf dem Friedhof waren spannend und gleichermaßen überraschend (ich zumindest hatte nicht unbedingt damit gerechnet, dass auf dem Friedhof noch was anderes passieren würde, als dass Bill Sheilas Sarg ausbuddelt und/oder Jane bei ihm aufkreuzt ... die ihrerseits dann noch ein actionreiches Tête-à-Tête mit dem Graveskeeper hat).
Hat mir aber echt gut gefallen!

Irgendwie mag ich die stinkenden, schleimigen Leichenfresser ja. Vielleicht weil sie den Leuten gefährlich werden können, sie aber auch nicht allzu schwer auszuschalten sind
Was ich auch noch gut fand war das relativ persönliche Gespräch zwischen John und Ben Essex. Es hatte zumindest für mich zur Folge, dass ich schon ziemlich schnell anfing, Ben zu mögen und eben hoffte, dass er nicht gleich als Kanonenfutter enden würde.
Meine Befürchtung traf nicht ein, es geschah etwas anderes ... und sogar besser, als ich dachte.
Jetzt hoffe ich nur noch, dass er noch einen längeren Auftritt hat und weiterhin mit dabei ist.
Für John sieht's recht übel aus, würde ich sagen. Und vor allem sieht es so aus, als würde er auch hier, ähnlich der Situation in "Sturm auf den Schwarzen Dom/Wo die Hoffnung stirbt", nicht ohne fremde Hilfe aus dieser Misere herauskommen. Man, also auch wieder ich, macht sich automatisch Sorgen um ihn, denn sein Feind ist in der Hinsicht des Folterns und Leiden lassens eine Koryphäe auf dem Gebiet und wird sich bestimmt was Böses für den Geisterjäger ausgedacht haben!
Was das sein könnte, lässt sich mit dem letzten Satz seines Feindes zwar grob erahnen, aber trotzdem ist es auch noch offen für das, was sich der Autor wohl für die nachfolgenden beiden Bände überlegt hat.
Tatsache ist, dass John wehrlos, wie auch waffenlos und ohne das Wissen von irgendjemanden auf der "guten Seite" auf dem Weg in die Hölle ist ...
Die Kampfszenen im Gasthaus, wie auch auf der Straße in Peelham waren gut beschrieben und genauso gut nachzuvollziehen. Man hätte meinen können, den einen oder anderen Einschlag von irgendwelchen letalen und/oder nicht-letalen Geschossen um sich herum hören zu können .... genauso wie das Knacken des Schultergelenks von Corporal Saunders ... oder wie man auch den rattengesichtigen Kane visuell an "Wurmschwanz" Peter Pettigrew anlehnt .... (okay,
man = ich

)
Die Figur des Major Angelo di Samos war vom ersten Augenblick an unsympathisch ... aber das war's auch schon! Auch wenn ich mich noch gut an z.B. Lydia Sidomas erinnere, ich bin trotzdem nicht gleich drauf gekommen und war daher sogar richtig freudig überrascht!
(Ich will jetzt auch nicht alles glasklar beim Namen nennen, weil einige neugierige Leser, die sich mit Rezis vielleicht einen ersten Eindruck verschaffen wollen, ja auch noch selbst was gewahr werden sollen

Zumindest die, die auch mit den kleinen Hinweisen nicht viel anfangen können

Die anderen sind jetzt vielleicht schon mit zu viel input geflasht ... aber hey, ich hab ganz oben gewarnt!

)
Okay, weiter.
Mir gefiel hier auch besonders Sir James, der durch einige Gefühlslagen ging/geht.
Wütend, besorgt, einsam, gewitzt, genervt, verdonnert, .... es ist alles da!
Er sitzt nicht nur im Sessel hinter seinem schweren Schreibtisch und schlürft sein Magenwasser ... er handelt.
Und er bekommt gesagt, wie es zukünftig so zu laufen hat, was ihm allerdings gar nicht gefällt.
Es lässt ihn irgendwie jugendlich bockig, wie auch in rasender Geschwindigkeit alternd erscheinen ... Mir gefällt das, bewegt sich seine Figur so irgendwie auf einem gut dosierten Grad zwischen hoffen und bangen. Hoffen, dass seine Einfälle und sein Intervenieren in entsprechenden Kreisen für John, Suko und Co auch weiterhin hilfreich sind ... bangen, weil er in diesen bestimmten Momenten, in denen einem als Leser die zukünftigen, wahrscheinlich eingeschränkten Handlungsweisen, die Steine, die ihm in den Weg gelegt werden und seines eigentlichen Alters bewusst wird, der Superintendent doch auch alt und gebrechlich rüberkommt. Und wie beschrieben, auch einsam.
Bleibt zu hoffen, dass man ihm nicht durch Paragraphen, Regeln und Vorschriften noch von innen heraus das Genick bricht oder ihm einen Strick daraus dreht, hin und wieder auch selbst für seine Leute in Action zu sein ...
Dieser erste Teil bringt etwas ins Rollen, auf das man als Leser nur gespannt sein kann (ähnlich der Täufer-Trilogie):
Wie wird es jeder einzelnen Person ergehen, die aktuell schon involviert ist ... was passiert mit John ... wird Bill es schaffen, die Überreste seiner toten Frau nach Avalon zu bringen, um ihr damit den letzten Wunsch zu erfüllen (war sie es denn wirklich, die ihn anrief??) ... was ist mit Jane ... kann oder wird Sir James noch irgendwas reißen .... und vor allem, wie wird Sukos "Urlaub" wohl ablaufen, von dem wir gar nichts mehr gelesen haben ... ???
Fragen über Fragen und am Ende bleiben 6 Tage übrig, in denen man grübeln kann und warten muss, bis der zweite Teil erscheint ... Eine tolle Vorbereitung und eine Story, die Laune macht!
Aus meiner anfänglichen Skepsis ist gnadenloses Mitfiebern und Mitleiden mit den Protagonisten geworden, wie es ihnen ergehen wird und vor allem, WAS da noch geschehen wird ... was wohl u.a. auch an der fesselnden Schreibweise und den böses Cliffis liegt!
Ich überlege noch, ob es für diesen ersten Teil schon ein top meinerseits gibt ... wobei ich das ungern tue, da ich für die nachfolgenden Teile, sollten sie diesen hier handlungs-, ideen- und schreibtechnisch noch toppen, keine Steigerung mehr geben kann/könnte ... wie also soll man/ich das jetzt angemessen honorieren?! (vielleicht lass ich es auch noch sacken oder bewerte dann jeden Teil für sich, wenn ich alle drei Teile gelesen hab .. ?! *Haare rauf*)
Auch hier würde ich das top nur nicht geben, weil es ein Mehrteiler ist, der ja auch mit jedem Band noch eine Steigerung bekommen können sollte ... und nicht, weil mir irgendwas nicht gefiel.
Das war nämlich überhaupt nicht der Fall, ganz im Gegenteil!
Lediglich eine Namensunstimmigkeit war drin (oder ich habs mir eingebildet^^), nämlich als aus dem Piloten Brian kurzzeitig Basil wurde ... aber vielleicht hat IRH da gerade in Erinnerung an Peelham und den Abt Basil geschwelgt?!
Und diesmal musste ich auch nur eine Sache googeln, nämlich "Bean Bags" ... das kannte ich doch glatt noch nicht^^
LKS:
Sehr schön und nett geschrieben fand ich auch den Leserbrief von Andreas Nauber!
Die Höhen und Tiefen, durch die die Serie ihn begleitet hat, die persönlichen Highlights ... und überhaupt strahlt der Brief eine positive Atmosphäre aus

Außerdem hat er mich dazu gebracht, mir gleich den "Tanzplatz der Verfluchten" aus dem Regal zu zupfen und die LKS zu lesen ... und tatsächlich: da steht ein ganzer Absatz an Andreas gerichtet, der zeigt, dass JD ihn und seine Freunde (nicht nur von
einem Treffen), sowie das Fan-Hörspiel(e) nicht vergessen hat! :thumbup:
Ein schönes Fan-Portrait!
edit: Ich hab mich jetzt (aus genannten Gründen) doch für ein
visuelles sehr gut entschieden.