Wowowow ... also zunächst mal gibt es für diese Story schon mal einen Pluspunkt, weil sie es geschafft hat, dass ich sie gierig verschlungen habe!
Das ist deshalb pluspunktbringend, weil ich ebenfalls nicht sehr auf das Psychonauten-Thema stehe (obwohl ich nichts gegen Dagmar habe, möchte ich mal bemerken) und den Anfang zunächst irgendwie "schwerfällig" fand. Warum weiß ich nichtmal genau, würde es aber mal auf Grund des Themas als negatives Vorurteil bezeichnen.
Die Erwähnung Dagmars früheren Lebens als Penelope, der Psychonauten-Rummel ... das war jetzt nicht gerade das, was mich sofort zum Weiterlesen animiert.
Daher ist diese Story das beste Beispiel dafür, sich trotzdem hin und wieder auch auf was einzulassen, auf das man vom Grundtenor erstmal und eigentlich nicht so steht. Dem ganzen eine Chance geben ...
Ich wurde nämlich mit einer hammerguten und sehr durchdachten Geschichte belohnt, die ich nicht hätte verpassen wollen!
Die Verbindung zwischen Realität, dem Psychonauten-Thema und der Traumwelt ist nämlich sehr gut geschaffen und plausibel erklärt worden.
Ab dem Teil mit dem Museum (ich mag hintergründige Erklärungen nun mal) wurde die Neugier geschürt, die Spannung nach und nach immer mehr hochgepuscht, bis es in einer gut nachvollziehbaren Erklärung endete (vielleicht liege, lese oder interpretiere ich ja auch falsch, aber ich mochte es so und fand es passend

).
Ich hoffe, das kommt jetzt nicht zu konfus rüber, weil meine Gedanken sich schon mal drum kloppen, welcher von ihnen als erstes schriftlich erfasst wird ... besonders wenn mich viele Punkte begeistern^^
Traum und Wahnsinn ... solche Dinge, ihre Zusammenhänge, ihr Potenzial, die Macht der Psyche, bzw. des Geistes ... das alles hat mich schon immer irgendwie interessiert.
Dann noch das Einbringen von verschiedenen Mythen, "Religionen", Göttern, das allsehende Auge und dessen Zusammenhang mit der Epiphyse, Melatonin, Schlaf-Wach-Rhythmus usw., herrlich!
Außerdem fand ich den Kurator Kaufmann klasse. Wieso ... weiß ich nicht mal genau, vielleicht weil er mich an einen Schauspieler erinnerte, der innerhalb einer Serie schon mal durch eine van Gogh-Ausstellung geführt hat und mir seine Ausdrucksweise, was hier sehr ähnlich dargestellt war, sehr gefiel. Auch sein Aussehen war ziemlich ähnlich
Aber jetzt mal zur Geschichte.
Dass Nocturna in einer Art "Traumwelt" agierte, hatte ich nicht sofort raus. Wohl aber, dass der Spuk über ihr stehen musste ... so als Herr der Schatten. Ich fand's bombig! Besonders auch, dass er jetzt noch mächtiger erscheint. Dadurch, dass er so viel Macht in der Traumwelt und mittels/über Nocturna, bzw. durch die komatöse Elisabeth Kaufmann hat und weil er sich noch mehr davon verschaffen will, indem er sogar vor hat, in die Welt der Götter vorzudringen, um auch nach deren Macht zu greifen.
Die eigentliche Sache, Komapatienten, deren Geist möglicherweise überall sein kann, oder auch das Einflechten der Psychonauten, dem dritten Auge und die Verbindung zu Johns Kreuz usw., fand ich seeeehr interessant. Sowas mag ich halt. Auch die medizinische Ebene, die, obgleich der Ursache dieser Story, selbstverständlich miteinfließen musste. Schließlich ist es eine Tatsache, dass man als normaler Mensch nicht das volle Potenzial seines Geistes nutzt ... und dann die andere Ebene, wenn der Körper ausgeschaltet, die Hirnaktivität aber noch voll da ist. Der Geist ist frei ... oder freier, wird nicht von rationalem Denken in Schach gehalten ...
Telepathen oder Menschen mit psychokinetischen Begabungen nutzen da z.B. schon etwas mehr, als unsereins

Ebenfalls ein höchst interessantes Thema!
Dagmar kriegt also diese ominöse Einladung, unterschrieben von Nocturna.
Keiner kennt sie, man findet nichts wirklich hilfreiches über sie im Internet oder dergleichen ... also ist es entweder ein schlechter Scherz oder eine Falle. Das ist zumindest für Harry klar wie Kloßbrühe und er ist nicht begeistert, dass seine Freundin diese Sache nicht so wirklich ernst nimmt.
Denn diese Nocturna scheint Dagmars "Besonderheit" zu kennen ... oder ihr erstes Leben als Penelope. Grund genug für Harry, Gefahr zu sehen. Doch Dagmar kann ihn davon überzeugen, erstmal nicht Pferde scheu zumachen oder gleich John zu rufen, sondern selbst vorfühlend zu agieren.
Finde ich in sofern völlig überzeugend, weil beide, Harry wie auch seine Freundin, weder wehrlos sind, noch unbedarft, was bestimmte Gefahrensituationen betrifft. Außerdem ist das Museum ein öffentliches Gebäude, wo auch andere Menschen sind. Zumindest Wach- oder Fachpersonal, wenn es denn geschlossen ist. Zudem hat Nocturna von "Frieden bringen" geschrieben und keine klare Drohung ausgesprochen. Mag sein, dass es eine Falle ist, aber John Sinclair ist keine "Super-Ghost-Nanny" all over the world und wohnt auch nicht mal eben um die Ecke, so dass man ihn kurz herrufen könnte, nur um auf Nummer Sicher zu gehen. Und wie Harrys Freundin schon richtig anmerkte: wenn man es auf sie abgesehen hat, könnte man es auch anders versuchen ... wobei sie dann ebenfalls nicht genug Zeit hätten, John anzufordern.
Also alles check :thumbup:
Das Museum für Kommunikation ist hier der Pfeiler der Geschichte, denn der Kurator, bzw. seine verunfallte und dadurch im Koma liegende Gattin, sowie die Ausstellung "Die Nacht - Alles außer Schlaf" sind die Wurzeln, die erst eine besondere Sinclair-Geschichte daraus machen.
Füsslis Gemälde "Der Nachtmahr" (die Vorstellung, dass die Frau auf dem Bild dann Dagmar ist, war plausibel. Der Nachtmahr an sich ist zu sehen und sogar Nocturnas Mähre. Nur sie selbst fehlt ... aber das hatte Füssli wohl auch nicht vorgesehen^^), das Bestiarium, die dunkle Seite der Nacht und deren Kreaturen der Finsternis ... es passt alles wunderbar zusammen.
Bei der Erklärung zu dem
MACH MIT Roboter kam mir kurz der Gedanke, dass die zwei Gestalten, die Dagmar ins Museum gebracht und sich mit Harry und Balthasar Kaufmann geprügelt haben, evt. die beiden ausrangierten Roboter gewesen sein könnten, die von Nocturna beseelt und benutzt wurden. Zumal Harry beim Kampf auch der Vergleich mit einen Roboter kommt ...
Dass der Sicherheitssarg hier nicht dem Rotstift zum Opfer gefallen ist, habe ich sehr begrüßt. Die Szene, in der Harry darin gefangen ist, wurde sehr authentisch beschrieben. Seine Beklemmung, Angst und aufwallende Panik war nahezu greifbar. Wie er fast durchdrehte und versuchte, den Sarg zu öffnen und sich die Finger blutig schlug ... sehr realitätsnah!
Zudem waren die beiden weiblichen Reinigungskräfte auch super sympathisch und haben nett reagiert
Der Moment, als John in das Bild gezogen, bzw. von Dagmar durch ihr drittes Auge und die Verbindung zum aktivierten Kreuz gerufen wurde, hat dann endgültig dafür gesorgt, dass bei mir die Geschichte vorm geistigen Auge wie ein Film ablief: Johns "Kometen-Hopping" meinte ich tatsächlich förmlich "sehen" können.
Als er dann endlich Dagmar gefunden hat, die an Nocturnas Baum, das Zentrum der Traumwelt, gefesselt und dabei war, eins mit ihm zu werden, taucht die Herrin der Nacht auch selbst auf. Und sie wirkt absolut mächtig, ohne großartig einen Finger krumm zu machen. John hingegen ist machtlos und sieht sich, trotz der "Befreiung" durch den Spuk, auf der Verliererseite, weil er Dagmar nicht helfen kann.
Diese Hilfe kommt unerwartet von anderer Seite ... nämlich der medizinischen. Und damit schließt sich auch der Kreis "Traumwelt-Realität" wieder, was ebenfalls logisch und bodenständig erklärt wird.
Ich find's auch gut, dass Professor Kaufmann nicht festgenommen wird. Im Grunde hat er ja wirklich nix gemacht, außer unter psychischer Anspannung mit ner Pistole rumgefuchtelt ... Seinem Handeln lag seine Situation zu Grunde und besonders die seiner Gattin. Und wie Harry schon treffend bemerkte, ist der Mann dadurch schon gestraft genug. Zudem ist ja noch fraglich, ob er nach dieser Sache überhaupt seinen Job behält ... und er hätte dann im negativen Fall quasi noch eine Strafe für sein Handeln.
Die Szenen im Hier und Jetzt sind actionreich, wie das Erscheinen der Nachtgespenster und die Kämpfe.
Die in der Traumwelt wirken dagegen eher ruhig und dienen wohl auch mehr der Aufklärung ... und auch wenn außer dem Angreifen des Baumes und der Nachtgespenster (gegen die John dann eh nicht viel ausrichten kann) nichts wirklich gewalttätiges passiert, ist die Gefahr, sowie die Angst und Panik des Geisterjägers, nichts für Dagmar tun zu können oder nicht mehr zurückzukommen, ausreichend, um die Spannung zu halten. Wie wird es letztendlich gelöst? Wie kommt John und im günstigsten Fall auch Dagmar wieder heil zurück?
Der Auftritt des Spuks, der anscheinend wieder anderes im Sinn hat, als gewisse Kompromisse oder "stille" Grenzen mit und John gegenüber einzuhalten, tut sein Übriges zur Darstellung der ausweglosen Situation dazu.
Dieser Roman ist in der Tat einer jener besonderen, die durch reale Begebenheiten, Gebäude oder Hintergründe in "unserer Welt" verankert sind und vorzüglich mit dem des Sinclair-Universums zusammengebracht wurden.
Durch den sehr interessanten Werkstattbericht (nett, wie es dann zu so einer Geschichte kommen kann^^) wird auch nochmal deutlich, wie viel Herzblut, Liebe zum Detail und gründliche Recherche (und auch nette Werbung) für das Museum in diese Story mit eingeflossen sind!
Es hat Spaß gemacht zu lesen, vor allem WEITERzulesen ... und wäre das Museum nicht so weit weg, ich hätte da glatt einen Familien-Ausflug hin gemacht, besonders auch wegen der Sonder-Ausstellung "Die Nacht. Alles außer Schlaf"
Ich kann hier nur ein
top vergeben, weil einfach alles stimmte und ich sogar trotz eines von mir nicht so gut gelittenen Themas bestens bei der Stange gehalten und vor allem nicht enttäuscht wurde! Wie immer bei solchen Geschichten hat mich auch das Ende fasziniert ... nämlich dass es weder platt, noch einfach oder aufs Deutlichste vorgekaut war. Es hat zum Mitdenken angeregt, lässt auch noch Platz zum eigenen mystisch-kunst-kulturellen (kann man das so sagen?

) und/oder medizinischen Hinterfragen, wenn man es möchte ... und auch sowas find ich immer sehr genial!
Manchmal kann es nervend sein, zu sehr ins Detail zu gehen. Das sind dann die sogenannten Längen eines Romans. Hier war es allerdings mehr so, dass es durch die detailreiche Gestaltung noch besser möglich war, die Geschichte an sich und die Emotionen (Harry's Sarg-Erlebnis oder seine Situation, als er vermöbelt wird // John's Hilflosigkeit in der Traumwelt an sich und angesichts ihres Zentrums, dem Dagmar fressenden Baum // der zunächst harmlos und irgendwie "unsortiert"/zerstreut wirkende Professor, der letztendlich doch wusste, was da Sache war) mitzuerleben, sie gut nachvollziehen zu können und eben nicht "nur" über sie zu lesen
Ein Wort zum Cover hab ich auch noch
Super!
Es passt schlichtweg wie die Faust aufs Auge.
Das Museum unten bildet die Basis, quasi den Grund für die Geschichte, die Realität.
Darüber (oder daraus entstehend) prangt dann das Zentrum der Traumwelt, Nocturnas Baum mit der daran gefesselten Dagmar.
Beide Hauptkomponenten der Geschichte sind hier meiner Meinung nach bestens in Szene gesetzt worden und machen bei mir durch den Mal-Stil gleich Lust drauf, die dazugehörige Story zu lesen!!
