Also ... das wird wohl einer meiner einseitigsten Kommentare zu einem aktuellen Sinclair-Roman hier auf dieser Seite.
Fangen wir doch mal damit an, was der Roman nicht hat:
- eine sinnvolle Story: Ein untoter Rocker kehrt auf Bitten eines Fans auf die Erde zurück und schleicht sich in die Träume eines Polizisten ein. Später will er ihn aber mit seiner Gitarre niederstrecken. Dazwischen läuft er über eine Straße und verursacht einen kleinen Unfall. Ah ja.
- Spannung: Jeder Anflug dieses Gefühls wird durch Azurs doch recht feige Grundnatur zerstört. Immer wenn man meint, jetzt passiert etwas interessantes, flüchtet der Kerl. Und - es passiert wirklich ziemlich wenig.
- Atmosphäre: Ein Gitarrenspiel als Gruseleffekt. Das sagt schon alles ...
- innere Logik: Wie bereits erwähnt, dass Azur dem Polizisten im Traum erscheint, macht wenig Sinn. Auch das Elton Brown (das potentielle Opfer) den Namen seines Peinigers seiner Frau gegenüber gleich zu Anfang erwähnt, scheint 20 Seiten später wieder vergessen worden zu sein. Dafür ist Monica Brown im Gegensatz zur Eingangsszene plötzlich darüber informiert, wer Azur war, und auch Elton wartet wie aus dem Nichts mit neuen Informationen auf.
Nicht zu vergessen dass beide am Anfang nichts mit dem Namen Azur anfangen können, obwohl sie schon seit längerem mit einem Nachbarn über dessen zu laute (von Azur intonierte) Musik im Clinch liegen. Ganz zu schweigen davon, dass sie es nicht für wichtig erachten, John Sinclair davon zu erzählen.
- einen starken Gegner: Schön und gut, am Ende stellt sich heraus, dass der gute Azur im Dienste Luzifers steht (die einzige positive Überraschung des Romans) und er wird mit dem aktivierten Kreuz vernichtet. Aber ansonten macht er wie schon erwähnt einen recht schwachen Eindruck, nimmt er doch schon bei einem kleinen Gebet die Beine in die Hand. Johns Versuch, ihn mit einer einfachen Silberkugel niederzustrecken, war auch nur ziemlich halbgar.
Zudem geschieht im ganzen Roman reichlich wenig und Jason Darks Versuch, mit eingeworfenen Begriffen wie Flash Mob, Facebook und Twitter (und nicht zu vergessen, die eher peinliche Erwähnung der Transporter-Filmreihe) für jugendliche Frische zu sorgen, scheitert einfach an der unbeholfenen Inszenierung.
Und auch wenn das Finale zumindest halbwegs ansprechend gestaltet ist, mal kurz Luzifers Licht auftaucht und Chiefinspektor Tanner wieder mitspielen darf, ist 'Der lebende Albtraum' ein ganz ganz schwacher Roman, den man, so man nicht zu Lese-Komplettisten gehört, lieber schnell in einer Schublade verschwinden lassen sollte.
Immerhin hab ich es bis zum Ende durchgehalten. Da bin ich mal gespannt, wer das noch so alles schafft.
