Hab ich mich mit dem letzten Roman und dem Aibon-Geschehen in
dieser Welt mal etwas schwerer getan, so war ich hier restlos begeistert!
Boar, war das gut! Ich wollte eigentlich spät am Abend nur noch kurz reinlünkern und die ersten drei oder vier Seiten lesen … Ja von wegen!!
Das ganze Ding hat für mich von vorne bis hinten gestimmt und es war alles drin, was zu einem schaurig schönen Gruselroman passt und gehört. Und das hat mich total gefesselt!
Es fing schon bei der Vorstellung von Tom Kessler, Nick Reif und Jana Hartmann an, die Gefallen daran finden, verbotene/vergessene/verlassene Plätze oder eben
Lost Places aufzusuchen.
Diesmal läuft es nicht über “Kenner der Materie“ Ryan Talbot

, hier hat Tom einen indirekten Tipp von seinem Großonkel Harald Kessler gekriegt …. oder eher, zufällig gehört. Als der sich mit seinem Bekannten unterhalten hat, konnte Tom das Gespräch belauschen, das auch eine sehr gute Wegbeschreibung enthielt.
Es geht sich um die Kemter-Villa, in der vor 50 Jahren eine fünfköpfige Familie lebte. Der Vater fand ein Buch, das ihn negativ beeinflusste. Er war als Serienmörder tätig und ermordete auf Befehl auch seine Familie. Harald Kessler kam ihm auf die Schliche und hat ihn auf dem alten jüdischen Friedhof getötet und samt Buch verscharrt. Doch sein Großneffe Tom hat durch seine Abenteuerlust, und ohne die ganze Geschichte zu kennen, alles wieder neu entfacht.
Die Hintergründe zu der Höhle beim Kellerloch, in der von Menschen erzählt wird, die sich im finsteren Mittelalter Götzen opferten und sich dort anstelle des Hauses eine uralte, magische Kultstätte befand, kam bei mir saugut an. Sie erklärt, warum die Höhle so groß ist, was es mit der “Totenwelt†auf sich hat und wer sich da Nick angenommen hat, nachdem er in die Schlucht stürzte. Tom, Jana und Nick haben mit ihrem Eindringen ebendieses Tor zwischen der Zeit der Kultstätte und der normalen Welt geöffnet. Wobei die Geister der Kemter-Familie ihr Übriges dazugetan haben. Jana wurde ja anfangs von dem kalten Todeshauch erwischt, der sie quasi zum Keller geführt hat. Das waren dann wohl die Geister, die befreit werden wollten oder dem Götzen wieder neue Opfer beschaffen sollten. Außerdem wollte dieser Götze die Leute, die Alfred Kemter jagten, tot sehen.
Die Konsequenzen oblagen fieserweise allerdings den Jugendlichen.
Der Abgrund ist buchstäblich wie der Schlund des Götzen, der hungrig auf neue Körper und Seelen wartet.
Das Haus ist ein Teil der Totenwelt, das Tor wie eine Ader, eine Verbindung zwischen dieser und der düsteren Welt, alles gehört zu diesem Götzen, der seine Macht und Gier den Bewohnern “seines†Hauses gegenüber raushängen lässt. Sie dürfen ja noch nicht mal sterben. Die Mutter und die Kinder fristen ihr Dasein in der Schlucht, bis jetzt.
JETZT … wo wieder Besucher da sind, die man töten kann. Und genau das sollen sie tun. Zum Schein erhalten sie ihre menschliche Gestalt, in Wahrheit sind sie fressgierige Monster, die für ihren Götzen töten. So geschehen mit Toms Eltern durch Nick und mit Janas Mutter durch Jana, die zwar nicht tot und wiedergekehrt war, aber sich wohl als sehr empfänglich erwies, sodass dieser Götze sie auch in ihrer menschlichen Form benutzen konnte.
Dagmar und Harry kommen nicht wirklich weiter. Zwar gibt es Bröckchen, denen sie quasi folgen, doch da Harald nicht wirklich auskunftsfreudig ist, bzw. auch nicht gefunden werden will, da er eigene Ziele verfolgt, macht es die Sache für unsere beiden deutschen Freunde nicht leichter.
Dann die Angelegenheit mit der “veränderten Weltâ€, in der alles trostlos und wie ausgedörrt und tot erscheint. Das macht ja schon deutlich, dass sie es fast schon mit einer anderen Dimension zu tun haben. Dazu dann noch dieses Toten- oder Götzenbotenvogelvieh und Zombie-Nick … wie sollen Harry und Dagmar da den mit Silberkugeln gegen an kommen?
Auch hier fand ich es sehr logisch, dass sie John noch antanzen lassen. In meinen Augen hätten sie, selbst wenn sie die verlassene Villa gefunden hätten, nichts ausrichten können.
Allerdings hat mir das Psychonautengedöns auch nie wirklich gefallen, weswegen ich da nicht so hinterher war. Ob Dagmar mit ihrem dritten Auge noch was hätte reißen können, zumal es da in der unterirdischen Höhle ja noch ziemlich hart auf hart kam, wage ich mal zu bezweifeln.
Ein Fehlerchen hat sich wohl beim Alter eingeschlichen … Tom soll 17 sein und hat schon den Führerschein … aber dann dürfte er doch nur in Begleitung fahren?! Es sei denn, er ist angehender Feuerwehrmann, dann gibts Sonderregelungen (sonst müsste bei jedem Einsatz ja ein Elternteil/eine Begleitperson mit^^)
Nachher ist er dann aber 18 und es past auch ganz von allein wieder, dass er selbst fährt

Obwoooohl … mit seiner Bustour zu Jana hätte auch das mit den 17 Jahren gepasst …
Gut fand ich dann, dass die Ärztin erstmal bockig ist, obwohl es mich auch irgendwie genervt hat. Aber wenn jeder so einfach da rein könnte, um was “auszuprobieren“ …. Also, neeee …. Ich nehme ihr da schon ab, dass sie das Kindeswohl in den Vordergrund stellt.
Wenn man ihr gesagt hätte, dass John vielleicht auch noch psychologisch geschult ist oder sowas, wärs was anderes gewesen. Aber so fand ich das ok … auch wenns mich halt genervt hat. Ich wusste ja, was John wollte und Jenny Reif damit evtl. sogar helfen könnte

Aber die Ärztin halt nicht ….
John zückt am Ende sein Kreuz … aber was anderes war ja auch gar nicht mehr möglich und deshalb fand ich auch das völlig ok. Zumal er das Teil ja für solche Fälle hat

Die Botenvögel des Götzen werden vernichtet, die Geister der Toten befreit, das Böse/die schwarze Masse aus Jana verschwindet, die Felswand wird gespalten, sodass sie den Abgrund bedeckt und die ganze Götzentotenwelt scheint sich buchstäblich aufzulösen, da nachher kein Durchgang mehr zu sehen ist. Auch Johns Kreuz findet da keine Präsenz mehr.
Daher gehe ich jetzt davon aus, dass die leuchtenden Flügel auf Janas Rücken, die genau in dem Moment auftauchten, als das Böse aus ihr verschwindet, quasi sowas wie die Anwesenheit eines (Schutz-)Engels symbolisiert, der die Seelen der beiden vielleicht auch noch gerettet hat, wo sie doch schon ihr Leben verloren haben. Oder es war halt jemand (oder etwas) ganz anderes, das noch erklärt wird ... ?!
Oder es ist eben auch hier mal etwas Mystisches zurückgeblieben, das man sich, wie John ja so schön sagt, nicht erklären kann …
Das Buch, das Kemter zu seinen Taten getrieben hat …. landet bei Dekker!
Dass der ein besonderes Interesse daran hat, kann ich mir denken. Wenn das Buch des alten Götzen die Macht besitzt, normale Menschen willenlos in seinen Bann zu ziehen, kann der gute Nathaniel Dekker das sicher brauchen. Ist nur die Frage, wer oder was die schwarze Wolke ist, die es ihm gebracht hat. Immerhin war sie ja auch in der Höhle, kam direkt aus dieser Schlucht hochgeschossen. um es von dort wegzuholen.
Vielleicht ist diese schwarze Wolke auch der Rest vom Götzen, der demnach dann vielleicht sogar aus DarkLand und Co stammt. Dekker kennt diese “Aura†ja irgendwoher, die laut ihm nicht mehr existieren dürfte (schon gar nicht hier). Das Erscheinen dieser Wolke beeinflusst auch den Dämonenstab und vor allem hat sie auf Dekkers vorgetäuschtem Erscheinungsbild ja eine ähnliche Wirkung, wie zuvor umgekehrt auf Jana, die, ohne tot zu sein, zeitweilig wie ein fressgieriges Monster aussieht …
Was ich auch ziemlich interessant fand war, dass es diesen “Lost Place†wohl tatsächlich gibt, ebenso wie eine dazugehörige Geschichte. Darin wird ebenfalls erzählt, dass ein Familienvater seine Frau und seine drei Kinder getötet haben soll. Seine Leiche wurde nie gefunden und sein Geist würde noch immer durch den Wald streifen, abends jedoch zum Haus zurückkehren …
Auch diesen jüdischen Friedhof gibt es wohl, wenn ich das richtig gesehen habe.
Dazu wurde dann passend und rund die Story um die alte Kultstätte und den fiesen Götzen rumgesponnen, was dann zusammen einen herrlich schaurigen Gruselroman ergab.
Besonders die Szenen mit der Totenwelt, also immer, wenn sich die normale Welt veränderte und die düstere Präsenz sich zeigte, fand ich sehr gut beschrieben. Dazu dann Nicks Schwester Jenny, die den geliebten, verschwundenen Bruder sucht. Nur mit ihrem Teddy als Mutmacher gerät auch sie in diese “Anderswelt“/Totenwelt und trifft dann auch ihren zombiösen Bruder. Die Liebe zum ihm und das Vermissen blenden bei dem Kind aber so gut wie alles andere aus, das nicht sein kann und darf.
Wenn man sich das auch mal bildlich vorstellt, dann ist es wirklich Horror pur! (
Carol-Ann aus
Poltergeist ist ein Witz dagegen!

) Dass die Kleine da ein wenig durchdreht und für bare Münze nimmt, was sie sieht, eben das Dagmar und Harry ihren Bruder getötet haben, war da auch völlig nachvollziehbar. Dazu noch die Besessenheit durch das Böse an sich, das John ja zum Glück vertreiben kann, als Jenny ihn angreift …
Die Beschreibung der elterlichen Kessler-Leichen fand ich auch richtig fies. Kopp ab, Arme und Beine ab, Stücke rausgebissen … und man merkt hier zum Glück auch wieder deutlich: Harry und Dagmar sind ebenfalls noch nicht abgebrüht oder abgestumpft, denn der Anblick machte ihnen doch mehr zu schaffen, als man vielleicht vorher angenommen hätte.
Für mich ein
top Gruselroman, der 1A geschrieben war, mich in höchstem Maße fesselte und spannende, wie auch echt gruselige Bilder vor meinem geistigen Auge erzeugte!
Gruselige Bilder der
anderen Art erzeugte bei mir auch das Cover. Das ging ja mal gar nicht. Erstens dieser fürchterliche Stilmix und zweitens hätte es wenigstens noch einigermaßen stimmungsvoll wirken können, wenn die zwei Typen im Vordergrund weggelassen worden wären.
Schade … wenn nicht sogar ein bisschen ärgerlich, denn dieser Roman hätte echt ein mordsmäßig cooleres Bild verdient!
Die
Briefe aus der Gruft bieten einige Rezis von Klaus Möllers zu Romanen von Rafael Marques. War wieder schön, ein wenig in Erinnerungen zu schwelgen
Und was die positiven Wertungen angeht, also das würde ich mal dem/der Leser/in überlassen, wie die Storys halt bei ihnen angekommen sind. Zumal hier ja auch noch größtenteils begründet wurde, warum die Wertungen so positiv ausfielen. Da hat der Autor bei dem Leser eben voll ins Schwarze getroffen, ist doch ok. Verschiedene Leser, unterschiedliche Geschmäcker, individuelle Rezis, intuitive Bewertungen. Das Bewertungsschema ist zudem auch nicht bei jedem LeserIN gleich … Es wird ja z.B. schon mal richtig bombig bewertet, obwohl es ebenso Gründe zum Meckern gibt. Oder das ganze Setting und der Plot der Story ist super stimmig, aber sie kriegt trotzdem total miese Bewertungen. Das
Feeling während des Lesens und/oder
im Anschluss an das Gelesene, was die Geschichte für nen Eindruck hinterlassen hat, das ist da ja oftmals doch echt ausschlaggebend ... selbst wenn es diverse Fehlerchen verschiedenster Art gibt. Solange die nicht gravierend den Lesefluss stören oder inhaltlich so einschlagen, dass man die Zusammenhänge der Story nicht mehr auf die Kette kriegt, sind die eher nebensächlich … für mich jedenfalls

:thumbup: